Was ist eine verkehrspsychologische Beratung bzw. Verkehrstherapie ?
Erzählen Sie mir keine Geschichten! (Steve de Shazer on video) Die „narrative Wende“ in Systemtherapie und Psychoanalyse LST - Eine neue Form der verkehrspsychologischen Beratung und Therapie
Von Arndt Himmelreich, Köln
Verkehrstherapeut der IVT-Hö in Aachen, Heinsberg und Berlin,
Kontakt: Arndt.Himmelreich.@gmx.de oder 0173-7251241
Veröff. in: 37. BDP-Kongress für Verkehrspsychologie in Braunschweig 1998, hrsg. V. F. Meyer_Gramcko, Bonn 1999, S. 617 - 650
Vorbemerkung
Ab 1999 bieten erstmals amtlich anerkannte Verkehrspsychologische Berater „mehrfachauffälligen“ Kraftfahrern an, durch eine kurze, aber intensive persönliche Zusammenarbeit (Coaching?) künftig Punkte und die Entziehung der Fahrerlaubnis zu vermeiden. Insbesondere kann ein Kraftfahrer mit Hilfe dieser Einzelberatung beim Stand von 14-17 Punkten rechtskräftig zwei seiner bisherigen Punkte „abbauen“. Dafür sind („mindestens“) dreimal jeweils eine Zeitstunde im Abstand einer Woche vorgesehen. Steve de Shazer hat eine Kurzzeitberatung - gerade auch für „geschickte“ Klienten - entwickelt, die ebenfalls im Durchschnitt drei bis vier Sitzungen à 1 Stunde dauert. Diese ganz einfache Methode, schlummernde Lösungen zu erfragen, hat seit 1982 eine außerordentliche internationale Anerkennung und Verbreitung gefunden. Die LST-Analyse kombiniert nun diese Lösungs-Suche - auf Wunsch - mit einer Problem-Analyse. Sie ist außerdem der Versuch, auch in dem ganz besonderen Kreuzungsbereich von Verkehr und Psychologie, Zwang und Freiwilligkeit den Beratern (Gutachtern) wie auch den Klienten die Arbeit zu erleichtern und zu verkürzen.[1]
„Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält“ - „Ich probiere Geschichten an wie Kleider!“[2]
I. (Ab-) Lösungen: Auch Berater können ihre Blickrichtung ändern
Wie kann ich in einer verkehrspsychologischen Beratung gemeinsam mit meinem Klienten - bevor überhaupt etwas anderes losgeht - „Problem-Geschichten“ in „Lösungs-Geschichten“ verwandeln? Wie (er-) finden wir (Ab-) Lösungen? Wie könnte die gemeinsame Arbeit als Team zu einer spielerischen Suche werden, die uns beiden Spaß macht? Immer dann, wenn auch ich Lust habe, mich spielerisch mit und durch den Klienten zu verändern?
Angenommen einmal, ich wäre der Klient: Könnte ich vielleicht dann, wenn ich meine Stärken wiederentdecke, in eine leichte Trance und Vorfreude geraten (LST = Lösungs-Spiel-Trance)? Gerate ich in Trance, weil ich so überrascht und auch etwas stolz bin, daß der Berater mir von Anfang an gratuliert? („Ich danke Ihnen, daß Sie hierhergekommen sind, obwohl Sie sich fragen, wozu X Sie überhaupt hierherschickt!“). Ist diese „Trance“ vielleicht nichts anderes, als daß ich mich freue und dankbar darüber bin, daß ich unversehens viele kleine Fortschritte und Erfolge entdecke, weil der Berater mich nach ihnen fragt? Fortschritte, die mir schon längst vor der Beratung gelungen sind, vielleicht sogar ganz nebenbei, als ich gar nicht aufgepaßt habe? Ausnahmen, die irgendwann zur Regel werden könnten? Ist diese Beschwingtheit nichts anderes als die Lust und der wieder erwachte Mut, mit diesen kleinen Veränderungen fortzufahren und sie auszubauen?
Wenn ich vor- und dann zurückschaue: „Was wird einst daran hilfreich gewesen sein?“ Daß mich der Berater immer wieder nach kleinen und großen, bisherigen und zukünftigen Erfolgs-Geschichten gefragt hat? Daß er mich meinen Alltag so erzählen ließ wie einen Film, einen Roman, ein Märchen, wie einen Traum oder ein geglücktes Abenteuer, so daß mir die bisher unscheinbaren Einzelheiten, wie ich dies oder jenes schaffe, in leuchtenden Farben genau vor Augen stehen?
Kann ich jetzt schon aus der Zukunft zurückschauen? Welche Folgen hat diese kleine, „wundersame“ Zeitreise, die zeigt, daß „morgen“ mein „heute“ (mein „Problem“) längst „von gestern“ ist? Wie und wohin hat sich „morgen“ alles aufgelöst? Was haben wir beide gleich zu Beginn der Zusammenarbeit „klarseherisch“ in der Zukunft gefunden?
„Ich stelle mir vor ... ich bin in der Zukunft: Alle Beratungsstunden - das war so eine Art Coaching wie beim Fußball - liegen schon ein paar Monate hinter mir. Und das „Unwahrscheinlichste“ ist passiert. Es hat sogar etwas gebracht. Ja, und das, was mir am meisten gut getan hat, war ......! Wir haben......und dann habe ich.......Einmalig wie ich bin, habe ich etwas daraus gemacht: Ich habe......!“[3]
II. Problem-Analyse: Wird mich eine „(Ab-)Lösung“ mehr als das „Problem“ kosten? (Versteckte Gewinne und Verluste)
Welchen Auftrag gibt mir der Klient? (Ab-) Lösungen aufzufinden oder Probleme zu suchen? Welche Folgen hat es, nach den Schwächen des Klienten zu suchen? Und wenn ich stattdessen nach seinen - wenig beachteten - Stärken frage, was wird dadurch anders?
Ist es überhaupt einzig und allein der Klient, der mir den Auftrag gibt? Gibt mir auch die Ordnungsgewalt einen Auftrag? Diene ich zwei Herren zugleich?
Ist es zieldienlicher, wenn Berater und Klient zuallererst einen gründlichen Blick auf bisher offenbar nicht zu lösende Probleme werfen? („Wieso konnte ich die ‘Punkte’ etc. nicht vermeiden?“). Sollten sie sich gegenseitig viele Geschichten zu den „Problemen“ erzählen, z.B. über mögliche Ursachen, die vielleicht in der Vergangenheit, sogar schon in der Kindheit liegen? [4]
Begreifen wir Lebens-Geschichten von ihrem Anfang oder ihrem Ende her? Bestimmt der Anfang (die Kindheit) das Ende? Oder gibt das, was wir aus dem Anfang machen werden („das Ende“), allem bisherigen erst einen „Sinn“? Erscheint mir der Anfang in einem ganz anderen Licht, je nachdem, wie ich mir das Ende erhoffe bzw. wie ich es befürchte? Entwickelt und eröffnet sich ein ganz anderes Ende, je nachdem, wie ich den Anfang beleuchte? Gibt es einen oder viele Anfänge? Gibt es einen oder viele mögliche (Ab-) Schlüsse?[5]
Und bin ich wirklich der „Experte“ für das Leben des Klienten? Oder ist für seine Lebensziele und Lebenswege der beste Experte, die einzige Autorität, nur er selbst?
Wie sehr brauchen die Klienten uns als „Helfer“, wie sehr brauchen wir sie als „hilflose“ Klienten?
Vielleicht paßt dazu eine kleine Geschichte aus dem Leben eines achtjährigen Mädchens in New York, die uns Alfred Adler erzählt:
„Eines Tages kam das Kind heim und rief außer Atem: ‘Mutter, ein Löwe hat mich verfolgt!’ Die Mutter wurde böse und erklärte, nichts davon zu glauben, sie solle nicht so lügen. Das Mädchen antwortete: ‘Schau mal auf die Straße, da steht er noch vor dem Haus!’ Die Mutter schaute nach draußen und sah einen unschuldigen gelben kleinen Hund. Sie erklärte: ‘Jetzt hast du wieder gelogen. Heute abend wirst du den lieben Gott um Vergebung bitten und ihm versprechen, nie wieder zu lügen!’ Am nächsten Morgen fragte sie das Kind, ob sie alles ihr Aufgetragene getan hätte. ‘Ja’, war die Antwort, ‘ich habe alles gesagt, und der liebe Gott hat mir geantwortet: Mach dir nichts draus, der gelbe Hund hat mich auch schon oft veräppelt!’“.[6]
Adler nennt sie eine „Angeberin“. Sie „log wie gedruckt“ und werde immer weiterlügen, wenn man nicht ihrem „Lügen alle Vorteile zu nehmen“ wisse: z.B. durch ein „Ich glaube dir jetzt überhaupt nichts mehr“. Adler spricht diese harten Worte während einer Vortragsreise aus, auf der sich der 67jährige gegen allen ärztlichen Rat noch einmal zumutet, innerhalb von vier Wochen in den Niederlanden, Schweden, Schottland etc. 56 Vorträge zu halten. Diese Tort(o)ur bezahlt er mit seinem Leben: Am 28. Mai 1937 bricht er in Aberdeen auf der Straße mit „Herzversagen“ zusammen. Diese Vorträge - einige wurden mitstenographiert - zeigen seine wunderbare Gabe, schwierigste Zusammenhänge in einfachen Geschichten jedermann verständlich zu machen. Und doch, ist jenes kleine Mädchen diesmal nicht weiser gewesen als der große Therapeut?
Freue ich mich darauf, von diesem Mädchen und von meinen Klienten viel zu lernen? Höre ich ihnen zu, wenn sie mir zeigen, was ich tun kann, um „weiser“ zu werden? Immer wieder stellt sich die eine Frage: Schaue ich auf ihre Begabungen für Lösungen oder auf ihre Begabungen für Probleme? Sehe ich das Glas halb voll oder halb leer?
Liegt meine Kompetenz als Berater nicht etwa darin, den Klienten ihre ganze „Häßlichkeit“ aufzuzeigen? Vielleicht notgedrungen, wenn es sich um von einem „höheren“ Dritten „geschickte“ Klienten handelt? Geht es darum, daß sie ihre „Blötsche“ spüren, durch die sie von „der“ idealen oder normalen Form abweichen? Sollten wir wie eine gepanzerte Kugel sein? Ohne jede Öffnung? Sollten wir selber so werden wie unsere chromglänzenden, spiegelglatten, stahlgeschützten Karossen, in denen wir uns verstecken? Meinen wir Berater unseren Klienten beweisen zu müssen, wieviele „Probleme“ sie „wirklich“ haben? Konkurrieren unsere Fähigkeiten mit ihren „Unfähigkeiten“, die wir unbedingt brauchen? Je unfähiger du bist, umso mehr brauchst du einen so fähigen Berater wie mich?
Oder handelt es sich nicht vielmehr dabei um eine Not-Lösung, ein Dilemma, eine Klemme, in die gerade wir als verkehrspsychologische Berater mit unseren „geschickten“ Klienten immer wieder fast wie von selber geraten?
Und wie könnten wir, die Berater, uns selber von dieser Blickrichtung, von diesem Problem-Rahmen „(ab)lösen“?
Wie gelingt es uns, einen Auftrag und ein attraktives Ziel auszuhandeln, dem die Klienten und wir gerne zustimmen können? Ein Angebot könnte sein:
„X meint, Sie wären ‘aggressiv’ (bzw. ‘alkoholabhängig’). Es ist gut, daß Sie es nicht sind, wie Sie sagen. [Wir übernehmen stets neugierig seinen (gegenwärtigen) Blickwinkel. Oft ist er kurze Zeit später ebenso beweglich (‘tolerant’) und erzählt, daß er sich ab und zu auch anders sieht]. Wie werden Sie den Druck von X los? ... Wie könnten Sie X überzeugen? ... Was nehmen Sie an, das nach Meinung von X hier passieren müßte, damit X sagt, Sie bräuchten nicht mehr hierherzukommen? ... Was müßten Sie tun, damit X Ihnen nicht mehr sagt, was Sie zu tun haben?“.
Ein Berater, der so fragt, betreibt gleichzeitig „Burn-out-Prophylaxe“: Er dient nicht zwei Herren zugleich. Er sitzt nicht zwischen zwei Stühlen. Er ist nicht der verlängerte Arm der Ordnung. Er will dem Klienten nicht beweisen: „Das kann doch überhaupt nicht stimmen!“ Sondern er ist ein völlig loyaler „Anwalt“, eine Art Coach, der eine „Dienstleistung“ erbringt. Freilich stellt er oft ganz dumme Fragen: Gerade nicht um den Klienten zu überführen oder zu lenken, sondern nur damit jener auf eigene kluge Ideen kommen kann, die der Berater selten, eigentlich nie vorhersehen kann. Der Berater wird im Falle des Falles auch zugeben, viel zu ungeschickt zu sein, um irgendwo mit Lügen durchzukommen, und daß er deshalb unfähig sei, dabei zu helfen.
Oft will ein Kraftfahrer, der seine Fahrerlaubnis „verloren“ hat, bei uns (zuerst) bloß einmal vorbeischauen und uns eigentlich nur einen „Besuch“ abstatten. Er ist geschickt worden und versteht nicht, warum. Oder aber er akzeptiert den Auftrag des „Schickenden“ nicht. Er hat kein Problem und erteilt keinen (eigenen) Arbeitsauftrag. Ein anderer trägt dagegen schon bald eine „Beschwerde“ vor und „beklagt“ sich über Dritte, die sich ändern sollten (Gutachter; Ehefrau etc.). Diese beiden Beziehungs-„Typen“ werden von uns nicht mit einer „Kunden“-Beziehung verwechselt. De Shazer schlägt im ersten Fall vor, diesem „visitor“ nur Komplimente mit auf den Weg zu geben (dafür daß er überhaupt gekommen ist sowie für all das, was er bis jetzt schon in seinem Leben erreicht hat). Im zweiten Fall empfiehlt er, die Beobachtungsfähigkeit dieses „complainant“ anzuerkennen und ihn dazu einzuladen, den „Dritten“ noch genauer zu beobachten oder zu befragen. Wir können darüberhinaus diese ersten beiden Beziehungen in eine Beziehung zu einem „customer“ verwandeln, wenn wir (ersteinmal) nicht dem Auftrag und dem Ziel folgen, das der schickende „Dritte“ vorgibt, sondern gemeinsam ein neues, manchmal ganz „seltsames“ Ziel und Anliegen finden oder aushandeln können, das dem Klienten wirklich am Herzen liegt.
Steve de Shazer und sein Team in Milwaukee werben für den Weg, nur nach den Fähigkeiten des Klienten zu fragen und zu suchen. Der Klient trage die idealen „Kunstgriffe“, „Techniken“ und „Ressourcen“, die für seine (Ab-) Lösung am besten geeignet sind, immer schon mit sich herum. (Warum nutzt er sie bloß nicht? Antwort des Problem-Analytikers: Weil ihm die „Ablösungs-Summe“ zu hoch erscheint). Es gelte also, sich vom Blick auf das Problem abzuwenden und auch von unseren Lösungs-Versuchen, mit denen wir immer noch - wie hypnotisiert - in diesen engen Problem-Rahmen hineinstarren. De Shazers Pointe lautet: Vom Problem führt kein Weg zur Lösung! Der Klient hat bestimmt einmal eine Zeitlang weniger Alkohol getrunken oder sogar ganz aufgehört zu trinken (bzw. damit aufgehört, „aggressiv“ zu sein). „Wie haben Sie dies genau geschafft?“ Schauen wir am besten gar nicht auf die Zeiten, in denen er getrunken hat („die Aggressivität“ als Beziehungsbotschaft anbot), sondern auf die übrigen Zeiten? „Was war Ihnen zu diesen Zeiten wichtiger?“ [7]
Trotzdem kann eine Problem-Analyse auch sehr erwünscht sein. Hier weicht die LST-Analyse (mit Gunther Schmidt) von Steve de Shazer ab: Es kann gute Gründe geben, jetzt noch nicht sofort die alte Lösung („das Problem“) aufzugeben. Es geht immer um eine Balance von alter und neuer Lösung. Der Analytiker (und Systemiker) kann mit dem Klienten, der nicht mehr trinken oder „mit hilfloser Aggressivität“ reagieren will, die Auswirkungen überprüfen, die ein solcher Rahmen-Wechsel hätte: Könnte es doch sein, daß seine Partnerin, die vielleicht bisher „Krankenschwester“ spielte und das Szepter führte, es nicht von heute auf morgen verkraften würde, nunmehr mit einem selbstbewußten Mann zusammenzuleben. Und wie würde sein Chef reagieren?
III. Übersicht über die Grundprinzipien des lösungsorientierten Vorgehens [8]
1. Die Wahlfreiheit des Klienten und ebenso meine eigene (als Berater oder Gutachter) wiederzuentdecken, ernstzunehmen, zu respektieren, ist für den lösungsorientierten Berater das Wichtigste. Gerade wenn ich meine, der Klient unterliege einem Zwang (einer Abhängigkeit), stehe ich darum nun selber unter dem Zwang, seinen Zwang wiederum mit meinen Verboten und Gegenzwängen zu bekämpfen? Der Berater könnte auch die Wahl treffen, dem Klienten gerade die Wahlfreiheit(en) überall zu ermöglichen, zuzubilligen, ja sie von ihm zu erwarten. So wird er z.B. den Klienten selber seine Erfahrungen damit machen lassen, ob er seinen Alkohol-Konsum oder seine „Aggressivität“ zu kontrollieren vermag oder ob „Abstinenz“ ihm vielleicht bloß als die bequemste (!) Lösung erscheint oder ob alles ersteinmal unverändert bleiben soll.
2. Der Berater fragt „kompetenz- und ressourcenorientiert“, also immer nur nach (Ab-) Lösungen und Fähigkeiten. Dem Klienten fallen all die anderen Rahmen-Situationen wieder ein, in denen seine Fähigkeiten (auf-) blühen. Stets entdecken wir mindestens ein, zwei gelungene „Ausnahmen“. Ganz bestimmt war es schon einmal anders. Der Berater fragt nach den kleinen oder großen Veränderungen, die dem Klienten schon vor der ersten Sitzung gelungen sind. Er versucht damit die schon bestehenden erfolgreichen Lösungen sichtbar zu machen und zu erweitern. Der Berater gratuliert und ermutigt: Daß sich diese kleinen Veränderungen immer mehr fortsetzen, ist fast unvermeidlich (Domino- oder Schneeballeffekt). Entscheidend ist immer der Respekt gegenüber den Fähigkeiten des Klienten. Der Berater respektiert auch,daß der Klient dieses sog. Symptom aus „guten Gründen“, d.h. in einem besonderen Kontext als „weise“ (Zwischen-) Lösung gewählt hat. Ein sog. „Widerstand“ wird vom Berater immer als berechtigtes Schutzbedürfnis des Klienten interpretiert. Der Berater erhält dadurch die wertvolle Information und Rückmeldung, gerade einen ungeeigneten und unberechtigten Zugang zu der Welt des Klienten gewählt zu haben. Beherzt nutzt er die Erkenntnis Lacans, „daß der einzige wirkliche Widerstand in der Analyse der Widerstand des Analytikers ist“![9]
3. Der Klient ist die Autorität, die das Ziel und letztlich auch die Wege bestimmt. Der lösungsorientierte Berater läßt sich zwar (ähnlich oder anders als Adler und Rogers?) mitnehmen „in“ die Welt seines Klienten. Er lernt, „mit den Augen eines anderen zu sehen, mit den Ohren eines anderen zu hören, mit dem Herzen eines anderen zu fühlen“ (Adler) und - jeden Buchstaben ehrend - in den Worten dieses anderen zu reden. [10] Aber vielleicht gerade, weil der Berater glaubt, daß er einen anderen Menschen niemals „verstehen“ wird, fühlen sich Klienten oft in ihrer Eigenart anerkannt und respektiert (anstatt durch „Einfühlung“ vereinnahmt). Kleine Verrückungen, überraschende Wendungen ergeben sich dennoch, wenn der Berater den Klienten nach bereits gelungenen „Ausnahmen“ fragt.
Bisher ist es noch allzu oft umgekehrt der Klient, der mit Hilfe seiner therapeutischen und empathischen Fähigkeiten die Sprache und Weltsicht seines Beraters übernimmt! Nicht nur der Klient, sondern zuallererst der Berater ist eingeladen, zu lernen, sich in Frage zu stellen und zu verändern. Wie ein neugieriger Ethnologe oder Erfinder verändert der Berater seine eigene Perspektive, seinen eigenen Denk-Rahmen, wenn er einem neuen Klienten begegnet: Denn jeder Klient - und jeder Berater - ist einzigartig.
4. Präzise und konkret ein Ziel zu finden, das für den Klienten wirklich attraktiv ist, hat schon eine außerordentliche Wirkung. Ziel und Ende der Beratung werden von Anfang an konkret greifbar durch die Frage: „Woran werden Sie erkennen, daß das unterstellte/ angenommene Problem gelöst ist? Woran wird jemand anderes dies erkennen können? Was wird anders sein, wenn Sie ‘das Problem’ gelöst haben werden? Was noch?“. Ungemein hilfreich ist es, wenn ich mich als Berater oder Gutachter dies auch selber frage: „Woran werde ich merken...?“ In unserem verkehrspsychologischen Bereich wäre es sogar am besten, wenn ich mich im vorhinein ganz präzise gegenüber dem Klienten schriftlich festlege. Vielleicht fange ich dann auch an, über mich selbst zu lachen, wenn ich merke, welche „unmögliche“ Aufgabe ich (oder wir) uns da beinahe gestellt hätte(n).
5. Indem wir z.B. de Shazers „Wunderfrage“ stellen (nachzulesen im Anhang unter B/ IV), ermöglichen wir dem Klienten, aus dem Problem-Rahmen herauszuspringen. Durch diese ungewöhnliche Zukunftsreise überspringt er die Hürde in der Gegenwart, entdeckt und entscheidet sich für ein fesselndes Bild, das ihm plötzlich klar vor Augen steht (mit vielen schlichten, aber erstmals genau entdeckten, alltäglichen Einzelheiten). Wie von selbst probiert er es vielleicht schon am nächsten Tag aus und tut einmal kurz so, „als ob“ das Wunder schon geschehen wäre. Vielleicht beobachtet er ganz gespannt, ob die anderen ihm etwas anmerken. Er hypnotisiert sich sozusagen selbst (wie ein Sportler im mentalen Training).
„Am Tag, nachdem das Wunder geschehen ist, werde ich ...(Pause)... gleich nach dem Aufstehen ......“. Die Wunder-Frage lädt ihn dazu ein, in Zukunft immer einmal wieder den Problem-Rahmen außer Kraft zu setzen. Das Brett vor seinen Augen verschwindet (nicht immer, aber immer öfter).
6. Zwischen Klient und Berater besteht eine gleichrangige, gleichwertige Kooperation (wie schon bei Adler u.a.). Berater und Klient sind Team-Kollegen. Der Klient ist der Experte, die Autorität für seine einzigartigen Ziele und Wege. Der Klient - nicht der Berater also - ist der Experte für die Antworten. - Aber wofür wird der Berater denn dann bezahlt? Der Berater ist der Experte für Fragen: nach den Zielen und Wegen des Klienten, alten Lösungen („Problemen“) und neuen Lösungen („Woran würden/ werden Sie oder X merken...?“). Seine Professionalität zeigt sich daran, daß er wertschätzend und doch überraschend durch seine Fragen den Klienten zu inneren und äußeren Such-Prozessen anregt, auf seine einzigartige und eigenständige Weise das nur für ihn Passende auszuwählen (auch aus dem Angebot des Beraters: „Eher so? Oder mehr so?“). Klient und Berater halten ab und zu „verdutzt“ inne, „drehen sich um“, als hörten sie von irgendwoher etwas. Etwas ist ihnen ein- und aufgefallen (in einer Art Trance). Und sobald sie eine Ausnahme gefunden haben, entsteht die Zuversicht, daß „es“ auch ganz anders weitergehen kann.
In der LST-Analyse bieten wir dem Klienten an, den rein lösungsorientierten Ansatz um eine Problem-Analyse zu ergänzen. Gunther Schmidt zeigt seit mehr als einem Jahrzehnt in immer wieder neuen, humorvoll erzählten Fall-Geschichten präzise auf, wie wichtig es ist, nach den Auswirkungen zu fragen, nach den Folgen, die diese oder jene neue (Ab-) Lösung haben könnte. Was hindert den Klienten bisher vielleicht noch zu Recht daran, seine - brachliegende - Kompetenz zu nutzen? Für wen oder was ist es ganz nützlich, daß ich noch eine „Ehrenrunde“ drehe? Will ich erst noch einmal zurückgehen, um Anlauf zu nehmen?
Die gemeinsame Teamarbeit besteht dann darin, die optimale Balance von Problem- und Lösungsseite miteinander zu erproben und insbesondere von Stunde zu Stunde auszuhandeln, was jeweils ein Ziel der gemeinsamen Arbeit sein könnte. Dabei wird auch der Berater aufzeigen, was er vom Klienten bräuchte, um optimal seinen Beitrag leisten zu können. Eine Haltung der Kooperation in dieser „äußeren Beziehung“ zwischen Berater und Klient hilft entscheidend dabei, gerade auch einer „inneren“ Ambivalenz des Klienten gerecht zu werden, ohne dabei einseitig Partei zu ergreifen. Sie trägt dazu bei, alle zwei (oder mehr) „Stimmen in ihm“ als hilfreich zu würdigen. Psychoanalytisch oder hypnotherapeutisch gesprochen: In einem kooperativen „äußeren“ Rahmen können auch der „bewußte Anteil“ und „der andere“, eher „unbewußte Anteil“ des Klienten (aber auch des Beraters) am besten miteinander kooperieren! („Oder versprächen Kampf, Kontrolle, Zwang, absolute Entschiedenheit und Grenzsetzung Ihnen hier mehr Gewinn?“). Wenn Familientherapeuten allen Familienmitgliedern und ihrem jeweiligen Beitrag gerecht zu werden versuchen, können wir das dann nicht auch unserer „inneren Familie“ gegenüber versuchen? Trägt nicht jede meiner „inneren Stimmen“ auf ihre Weise etwas Wertvolles zur Lösung bei? Wie können sie sich vertragen: die Stimme, die mich lockt („Trink! Spiel! Setz dich durch! Sei aggressiv!“), und die Stimme, die meinen Mut und auch meinen Humor anspricht („Gehe wieder auf X zu! Erwirb dir Respekt und Liebe!“)? ...Was verändert sich dadurch, wenn ich statt „Hör auf, mich ständig zu kontrollieren!“ nunmehr sage „Für deine grenzenlose Fürsorge, die mir alles abnimmt, werde ich dir nie danken können!“ oder „Deine unerschöpfliche Stärke erstaunt mich immer wieder: Wie schaffst du es nur, neben den vielen Lasten, die du zu tragen hast, ohne je an dich selber denken zu können, dich ständig noch um mich zu sorgen?“... Kann ich einmal spielerisch die Rolle einnehmen, die ich sonst ablehne? Gibt es gar noch einen dritten, vierten und fünften Weg, z.B. „sowohl das eine als auch das andere“, „weder dieses eine noch dieses andere“ und „etwas völlig Ver-rücktes, egal ob es mit dem Thema zu tun hat oder nicht“ zu machen (M. Varga v. Kibéd)?
Für diese Balance wird es also vielleicht ganz hilfreich sein, den rein lösungsorientierten Ansatz durch eine z.B. individualpsychologische oder systemische Problem-Analyse, vielleicht auch einmal durch eine „Provokation“ zu ergänzen. „LST“ (Lösungs-Spiel-Trance) und „Analyse“ (des Lebensstils) könnten sich so zu einer „Lebens-Spiel-Beratung“ verbinden. [11]
IV. Habe ich eine Lebens-Geschichte und eine festgeschriebene Vergangenheit oder habe ich viele „Vergangenheiten“ (und „Zukünfte“)? Bin ich in (m)eine Geschichte „verstrickt“ oder kann ich sie „spielerisch“ in viele andere Geschichten verwandeln?[12]
Was erzählen Sie über Ihr Leben? Wie erzählen Sie es? Glauben Sie, daß Sie Ihre Lebens-Geschichte (besonders all das, was in der Vergangenheit schon abgelaufen ist) noch einmal verwandeln, umdeuten, umdrehen, „de-konstruieren“ können? Könnten Sie ihr Leben auch ganz anders als bisher erzählen? Und wird dies dann Ihr (zukünftiges) Leben - auch für andere - spürbar verändern? Gibt es sozusagen gar keine Vergangenheit und Zukunft, sondern nur die Gegenwart? Ist es nur die Gegenwart, in der ich mich - bewußt oder unbewußt - dafür entscheide, sie mit einer „schweren“ oder „leichten“ Vergangenheit (oder Zukunft) zu verbinden? Wähle ich mir das irgendwie aus (so wie meine Krankheiten)? Erfinde ich mir zu meiner Gegenwart gar diese perspektivische Verlängerung, diese hypnotisch anziehende Tiefe (oder Höhe) hinzu (Vergangenheit und Zukunft als dritte oder vierte Dimension)?
Seit der „narrativen Wende“ schließen sich immer mehr Systemtherapeuten und Psychoanalytiker der Sichtweise an, zu der Milton Ericksons Hypnotherapie schon lange einlädt:
Wenn wir in der Beratung einander und auch uns selber Problem- und Lösungs-„Geschichten“ erzählen, dann „spielen“ wir - methodisch oder nicht - auf rhetorische oder dramatische Weise mit Zeit und Raum, führen die „handelnden“ Personen ein, wechseln die Situation und den Kontext. Wen führe ich dabei wie und wann ein? Wie steht er zu den anderen? Was lasse ich ihn glauben, sagen, tun? Berater und Klient sind Drehbuchautoren, Stückeschreiber und zugleich Akteure ihres Stücks. Wie konstruieren sie gemeinsam eine Geschichte? Sie (er-)finden die Geschichte eines Problems oder einer (Ab-)Lösung (von Aufgabe und Ziel, möglichen und unmöglichen Wegen). Sie verhandeln miteinander, wer von ihnen worin ein „Experte“ sei. Sie entwerfen eine (oder mehrere) vergangene oder zukünftige Lebens-Geschichte(n) „für den Klienten“. Der einzige Angelpunkt ist (sind) jedoch letztlich nur die gemeinsame(n) Team-„Geschichte(n)“, also dieser Beratungsprozeß, der hier und jetzt zwischen Berater und Klient ins Werk gesetzt wird. Fühlen wir uns dabei wie in Trance, an einen „anderen Schauplatz“ (Fechner, Freud) und in eine andere Zeit versetzt? (Ähnliches erleben wir natürlich, wenn wir ins Theater oder Kino gehen oder ein Buch lesen). Bleibt dies alles nur „ein Traum“ (oder „ein Alptraum“)? Wie ist dies auf den Raum und die Zeit „da draußen“ zu übertragen?
Sind wir nur Agenten, Marionetten in dieser oder jener „Welt am Draht“, Figuren in einem (höheren) Spiel? Sind wir „Charaktere“ in einem Stück, dessen Drehbuch längst geschrieben worden ist? Dies ist die oft eher „tragische“ und pessimistische Sicht der Psychoanalyse (Freud, Adler, Jung, Berne 1964, 1972, 1976 in der Transaktionsanalyse). Erklärt Freud das Seelenleben mit Hilfe von Modellen und Konstruktionen, die er aus antiken Mythen und Dramen an seinen allzu „bewegten Gegenstand“ bloß illustrierend heranträgt? Oder meint er, daß strukturell bzw. real diese Ur-Mythen (Ur-Bilder und Gestalten) noch heute die „Neurotiker“ und sogar die moderne Kultur, Religion und Wissenschaft beherrschen? Freud „bemerkt“ zum einen, daß seine Patienten stets einen „Familienroman“ erzählen, daß sie ihr Leben in Wort und Tat „dramatisieren“, daß sie, ohne es zu wissen, in einer steten „Neuaufführung“ des Ödipus-Mythos mitspielen. Zum anderen berührt es auch Freud „selbst noch eigentümlich, daß die Krankengeschichten, die ich schreibe, wie Novellen zu lesen sind“[13], nachdem er lange Zeit (vergeblich) versucht hat, das von ihm Beobachtete in der ihm vertrauten Sprache des Physiologen, Neurologen und Anatomen auszudrücken. C.G. Jung zentriert anders als Freud nicht alles auf den einen „Ödipus-Mythos“ und auf das eine geschlechtliche Symbol, dafür verliert er sich eher in der unendlichen Fülle der Einzelheiten und Möglichkeiten, die sich allzu verführerisch anbieten durch den Reichtum all der historisch dokumentierten Mythen und Erzählungen.
Eric Berne (mit seinen „Spielen“ und „Lebens-Skripten“), Wilhelm Salber (mit seinen 20 bzw. 30 Märchen- und Verwandlungs-Sorten) und Lacan (mit seinem berühmten Schema der vier Diskurse) ist es z.B. gelungen, eine mittlere Anzahl an „Varianten“ und „Versionen“ aufzuzeigen und äußerste Anschaulichkeit mit struktureller Analyse zu verbinden.
Eric Berne schreibt: „Man kann ganz allgemein sagen, daß die Skript-Analyse sich zwar auf Freud zurückführen läßt, daß sie jedoch nichts mit der Psychoanalyse zu tun hat. Von allen Forschern, die man als Vorläufer der Transaktions-Analyse ansehen kann, ist es Alfred Adler, der der Ausdrucksweise eines Skript-Analytikers am nächsten kommt. Die einzigen Abweichungen, die ein Skript-Analytiker gegenüber Adlers Aussagen feststellen würde, wären folgende: 1. Der Lebensplan ist in der Regel nicht unbewußt; 2. die betreffende Person ist keineswegs allein für ihn verantwortlich und 3. das Ziel und die Art und Weise seiner Ausführung (die tatsächlichen Transaktionen - Wort für Wort!) lassen sich noch viel präziser voraussagen, als selbst Adler das wahrhaben wollte.“[14]
Läuft mein Leben „wie am Schnürchen aufgezogen“ ab? Bin ich also stets in meine Froschkönig- oder „Hilfe, ich werde vergewaltigt!“-Geschichte o.ä. verstrickt? Bin ich dazu verdammt, diese Strickmuster ewig zu wiederholen? Ist unser Leben uns vor-geschrieben, ist es seit unserer Kindheit vorprogrammiert, ist es ein bloßes Zitat, die zwanghafte Kopie eines „Märchens“, eines Spruches oder Fluches unserer Eltern? Nietzsche meinte schon: „Hat man Charakter, so hat man auch sein typisches Erlebniss, das immer wiederkommt.“ Benjamin ging noch weiter: „Wenn einer Charakter hat, so erfährt er immerfort dasselbe.“[15] Oft wird so aber gerade die „Neurose“ definiert. Sind Charakter und Neurose das gleiche?
Oder können wir mit diesen „Geschichten“ gezielt spielen? Können wir „unsere“ (Film-) Drehbücher selber um-schreiben? Andere Drehbuchschreiber sind natürlich miteinzubeziehen. Können wir den Rahmen, den Kontext, in dem wir stehen, ändern? Vielleicht erst einmal nur in der Imagination und Vision? Um neue anziehende Programm-Bilder (Leit-Bilder) präzise vor uns hinzustellen?
Wie haben Sie herausgefunden, ob und wie Sie und Ihr Klient sich in „ alte Geschichten“ verstricken? Wie (mit welcher Methode) ist es Ihrem Klienten und Ihnen gelungen, solche „Geschichten“ einmal ganz anders als bisher zu erzählen? Welche Fragen sind dafür hilfreich gewesen? Lenkten Ihre Fragen gezielt zurück oder vor, hin zu bestimmten Zeiten und zu bestimmten Orten? Fragen Sie nach konflikthaften Ereignissen? Führen solche Fragen dann zu ganz bestimmten dramatischen, bagatellisierenden oder „coolen“ Bild- und Film-Inszenierungen? Was für Bilder „rollen“ durch bestimmte Fragen vor den Augen von Berater und Klient „hier und jetzt“ „ab“? Wie laden sie dazu ein, ein- oder auszusteigen (wie bei Fernsehen, Werbung oder Literatur)? Fragen können alte Wirklichkeiten festschreiben oder neue Wirklichkeiten erzeugen. Sie können tranceartige „Suchbewegungen“ eröffnen (G. Schmidt), die Probleme oder Lösungen, Mißerfolgs- oder Erfolgs-Geschichten aufstöbern. Als Helm Stierlin (bekanntlich einer der Gründerväter der psychoanalytischen und systemischen Familientherapie in der Bundesrepublik) vor einigen Jahren nach den größten Fortschritten der Psychiatrie in den letzten zwanzig Jahren gefragt wurde, antwortete er schlicht: „Das zirkuläre Fragen“! („Was glauben Sie, was Ihre Frau/ der Psychologe denkt, wenn Sie X tun/ sagen? Was glauben Sie, was Sie tun müßten, damit X zufrieden ist und Sie in Ruhe läßt?“ Vgl. Selvini Palazzoli, Boscolo, Cecchin u.a.). Steve de Shazer u.a. haben gezeigt, wie nützlich es ist, „hypothetisch zu fragen“, Fragen also mit einem „Suppose“ zu beginnen („Angenommen...... Sie wüßten/ Sie könnten/ es würde Ihnen helfen...?). Im Anhang gibt es eine kleine Übersicht darüber, wie bestimmte Frage-Formen dazu einladen, ganz bestimmte Behandlungs-Geschichten und Lebens-Geschichten erzählerisch aufzubauen. [16]
Im Folgenden gebe ich einen kurzen Ausblick auf eines dieser „Mittel“ oder „Medien“, mit denen wir „Geschichten“ (oder gar „wie es wirklich sei“) in der Beratung aufbauen: die Zeit.
Wie ein Romancier oder Filmregisseur können wir den Zeit-Rahmen „kunstvoll“ und spielerisch verrücken bis hin zu „zirkulären“ Zeit-Reisen, in denen wir uns in anderen Zeiten (irgendwie) selber begegnen. Wir erhoffen oder aber befürchten, auf diese Weise unsere Gegenwart zu korrigieren (vgl. Spielbergs „Back to the future“ und Gilliams „The Twelve Monkies“). Ob wir mit dem „Fahrstuhl“ in unsere eigene Vergangenheit (in die „Römerzeit“) und wieder zurück reisen oder aber mit dieser oder einer anderen „Zeitmaschine“ in unsere Zukunft (und wieder zurückkehren), wirkt sich sehr unterschiedlich aus. Dies zeigt die nachfolgende Tabelle von Arnold Retzer.
V. Beratung verändert (sich) mit „der“ Zeit: Die Zeit(en) als Medium von Beratung und Therapie[17]
1. Zeitreisen: Spiel oder Ernst? Vergangene Probleme nachtragen oder zukünftige Lösungen vorziehen?
In Arnold Retzers komprimierter, aber - wie ich hoffe - sehr klaren Übersichtstabelle werden zwei therapeutische Zeitkonzepte einander gegenübergestellt: „Regression“ und „Progression“. In jeder Beratung können wir uns fragen: Wollen wir mit unseren Fragen die Reise in die Vergangenheit oder in die Zukunft lenken? Wie verrücken wir jetzt gerade ganz „spielerisch“ den Zeit-Rahmen? Welchem „Zeit-Konzept“ folgen wir? Steht das Konzept der „Nachträglichkeit“ (ich trage es dir ständig immer noch nach) oder das Konzept der „Antizipation“ (ich ziehe die zukünftige Ablösung vor, nehme sie vorweg) heute im Mittelpunkt unserer Arbeit? Diese fundamentalen Bedingungen und Entscheidungen jedweder Beratung und Therapie verdienten natürlich einen eigenen Aufsatz. Aber vielleicht ist auch schon so klar: Die anglo-amerikanische und die sich von ihr ableitende deutsche Nachkriegs-Psychoanalyse neigen (im Gegensatz zu Lacan oder Adler) dazu, die Nachträglichkeit als ein Hinterherhinken zu verstehen, als die Spätzündung einer „Zeit-Bombe“, die das Werk der ersten Lebensjahre sei. In anderen Worten: Das Malheur ist bereits passiert (wenn auch wie bei der Syphilis in seiner Wirkung noch aufgeschoben). Sündenfall und Erbsünde sind unser aller Fluch. Wir büßen für die Sünden unserer Väter. Der eine weniger, der andere mehr. Wir kommen immer zu spät, natürlich auch der Analysand und der Analytiker in der Kur. Aber immerhin kann alte Last und alte Schuld z.T. abgetragen werden durch Erinnern und Durcharbeiten von Wiederholung und Übertragung, also in einem notwendigen Rückgang zu diesem Alten, das in dem (in allem?) Neuen nachwirkt wie ein unerlöstes Gespenst. Auf keinen Fall sei ein direkter Weg in die Zukunft möglich. Genau dies glauben aber die lösungsorientierten Systemiker und Hypnotherapeuten. Außerdem könnten wir stets noch nachträglich „die“ Kindheit gänzlich verändern, dann nämlich, wenn wir es schaffen, sie einfach noch einmal mit ganz anderen Augen zu sehen. Dann, wenn wir beginnen, auch noch andere „Geschichten“ aus dieser Zeit und über diese Zeit zu erzählen. Außerdem können wir nicht nur „regressiv“, also zurück in die Zeit der Vergangenheit reisen, sondern durch eine „progressive“ Zeit-Reise die Zukunft einfach schon vorziehen. Wir schauen bereits in der ersten Sitzung auf den zukünftigen Erfolg der Beratung zurück: „Was hat ihren Erfolg ‘einst’ ausgemacht? Was wird zu ihrem Erfolg beigetragen haben? Was hätten wir umgekehrt tun müssen, damit die Beratung auch wieder nichts gebracht hätte?“.
Aber ist das psychoanalytische Zeit-Konzept mit dem lösungsorientierten wirklich unvereinbar? Besteht doch Freuds Entdeckung gerade darin, daß nicht ein Ereignis, sondern nachträglich (d.h. Jahre später durch ein banales zweites Ereignis angestoßen) allererst eine sog. „Erinnerung“ traumatisch wirkt, weil etwas übrig- und unbestimmt gebliebenes „Uraltes“ für unsere jetzigen „Normen“ nachträglich plötzlich unerträglich wird. Von einer anderen, sog. „höheren Stufe“ unserer „Selbst-Organisation“, „Entwicklung“, „Sprache“ oder „Kultur“ aus „verstehen“, „deuten“ oder „über-setzen“ wir uns Früheres nunmehr neu und anders! Und zwar stets die Über-Reste, „Überlebsel“, die uns „rätselhaft“ geblieben sind (oder geworden sind?); etwas, das immer noch offen oder tabu geblieben ist, verknüpft mit Fragen, die wir uns vielleicht gar nicht mehr oder noch nicht bewußt zu stellen wag(t)en. Wir sind von diesem „Primitiven“ zugleich angezogen und abgestoßen, immer noch - ob wir es uns eingestehen oder nicht - in Angstlust fasziniert, so wie das Kaninchen von der Schlange. (Dies gilt für alle Fragen nach dem „Ursprung“: Woher kommt das her? Woher komme ich, woher kommen wir her?... Immer wieder versuchen wir wie Däniken mit modernsten Mitteln in alten, verwitterten Spuren die Ein- und Übergriffe des „Außerirdischen“, eines „fremden Vaters“, zu entdecken. Auch in der Geschichtsschreibung versuchen wir oft „die Riesen“ zu finden, auf deren Schultern wir zu stehen glauben).[18]
Freud schreibt also gerade nicht der Vergangenheit die Macht über die Zukunft, sondern genau umgekehrt der Zukunft die Macht über die Vergangenheit zu! Das lösungsorientierte Zeit-Konzept führt darum das psychoanalytische Konzept der Nachträglichkeit nur einen Schritt weiter: Diese Nachträglichkeit (die Zukunft erzeugt rückwirkend eine bestimmte Vergangenheit) gibt es nicht nur in den vergangenen „Epochen“ meiner Entwicklung, sondern auch noch weiterhin in meiner Gegenwart und Zukunft! Ihr Konzept geht davon aus, daß unsere Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, daß uns immer noch neue Formen („Stufen“) und qualitative Umbrüche (Rahmen-Wechsel) in unserem Selbst-, Sprach- und Kulturverständnis möglich sind. Damit erklärt sich auch, warum das in der psychoanalytischen Kur geforderte Erinnern sogar heute erstmals „das Trauma“ gebieren kann. (Aus der Sicht der „Lösungsorientierten“ wäre in diesem Fall eine psychoanalytische Behandlung selber die Krankheit, die sie vorgibt zu behandeln. Sie sehen zudem in jeder längeren Kur nur einen neuen Kunstgriff, die „faszinierende“ Vergangenheit immer noch nicht loszulassen).
In ihrem Konzept, das auf (Ab-) Lösung, auf Kompetenzen und Ressourcen hin orientiert ist, schlagen jene also bloß vor, diese Nachträglichkeit zu antizipieren! Können wir außerdem nicht dieses „Es wird einst einmal gewesen sein“ auf eine nunmehr „positive“ Art und Weise in unserer „Imagination“ („Vision“) vor(weg)nehmen? Die Psychoanalyse hat unsere Fähigkeit herausgehoben, der Vergangenheit auf einmal einen anderen, einen „traumatischen“ Sinn zu geben. (Wir sind auf eine „klebrige“ Weise fasziniert und hypnotisieren uns irgendwie unbemerkt selbst). Können wir nicht ebenso - durch einen heute vor(weg)genommenen Rahmen-Wechsel - der Vergangenheit oder der Gegenwart „nachträglich“ nunmehr einen zukünftig positiven Sinn zuerkennen?
Peter Ustinov hat übrigens auf seine Art die beiden Zeit-Konzepte verbunden:
„Jetzt sind die guten alten Zeiten, nach denen Sie sich in zehn Jahren zurücksehnen werden.“
Fazit: Do you like it hard or soft? The regressive or the progressive way?
2. Intensivberatung, Kurzzeitberatung und Kurzzeittherapie: Wie kurz darf eine Beratung sein?
Eine Möglichkeit, die Zeit als therapeutisches Medium zu nutzen und einzusetzen, besteht darin, die Länge einer einzelnen Sitzung zu variieren, die Sitzung an einem entscheidenden Punkt zu unterbrechen bzw. mit einem (seelisch bewegenden) offenen Schluß enden zu lassen (Zeigarnik-Effekt). Die Psychoanalytiker der Lacan-Schule sind dafür berühmt, daß ihre Sitzungen manchmal nur drei Minuten dauern. Denn der Analysant bezahlt für einen Akt des Analytikers und nicht für das Absitzen einer Stunde. (Der Klient ist kein Analysand: Er ist nicht zu analysieren, sondern analysiert Zug um Zug selber. Zur weiteren Entwicklung dieses settings wünsche ich mir bloß noch, daß sich in Zukunft der Analysant ebenso überraschend verabschiedet).
Zum anderen kann die Zahl der Sitzungen verkürzt werden. Die „aktive Analyse“ und die „Fokalanalyse“ reduzierten die Zahl der psychoanalytischen Sitzungen auf 20 bis 30 Stunden.[19]
Jahrzehnte nach den einzigartigen Erfolgen M.H. Ericksons haben am Mental Research Institute in Palo Alto Watzlawick, Weakland, Fisch, Bodin und Segal die Kurzzeitberatung oder -therapie noch einmal wiederbegründet. Ihre systemischen - noch problemorientierten - Beratungen (Therapien) überschreiten nie die Zahl von 10 Sitzungen. Schon in einer der ersten Katamnesen ihres 1967 begründeten Forschungsprojekts ergab sich eine durchschnittliche Behandlungsdauer von 7,0 Sitzungen (N = 97). 40 % der Klienten waren vollkommen beschwerdefrei, weitere 32 % konnten signifikante Besserungen verzeichnen.[20]
Das gleiche gilt für die Heidelberger Schule der oft lösungsorientierten Systemiker um Stierlin (A. Retzer, G. Schmidt, F.B. Simon, G. Weber u.a.). Bei Patienten der Psychosomatischen Universitätsklinik Heidelberg mit der Zuschreibung einer sog. „endogenen Psychose“ ergab sich durch eine empirisch-statistische Katamnese- und Ratingstudie, daß eine durchschnittliche Sitzungszahl von 6,5 Sitzungen während eines mittleren Behandlungszeitraums von 16,8 Monaten zu einer (u.a. beruflichen) andauernden Besserung in 76,6 % der Fälle noch drei Jahre später geführt hatte (Retzer 1994, S. 271; N = 60).
Steve de Shazer und sein Team haben seit 1969 die durchschnittliche Zahl ihrer Sitzungen von 6 auf 4,6 (inzwischen 4,2) Sitzungen und Stunden gesenkt. (Bei Luc Isebaert in Brügge sind es bereits bloß 3,9 Stunden). 65,5 % der Klienten waren danach beschwerdefrei, 14,7 % erreichten bedeutende Verbesserungen, 18 Monate später war die Erfolgsquote sogar noch mehr angestiegen (de Shazer 1991, dt. 1992, S. 178). Dies gilt auch für ihre Klienten, die als psychotisch oder suchtkrank „definiert“ oder etikettiert wurden.
Stierlin (1997, S. 357) berichtet, „daß zumindestens in den USA über 95 % aller Beratungen und Psychotherapien weniger als sieben Sitzungen umfassen.“
3. In welchem „Rahmen“ bewegt sich „die Zeit“ in der IVT-Hö?
Da müßte man sich also eigentlich wundern, daß z.B. gerade die individualpsychologische Langzeit-Therapie der IVT-Hö (ähnlich I.R.A.K.-L bei AFN) die Wiederauffallenswahrscheinlichkeit („Rückfälle“) ihrer Klienten auf sonst nicht erreichte 6,4 % senken konnte (bei alkoholauffälligen Kraftfahrern fünf Jahre nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis). Dabei waren diese Klienten vorher an Trinkmengen gewohnt, die mindestens zwei, oft drei, seltener vier bis fünf Promille entsprechen. In den im vorigen Abschnitt zitierten Fällen handelt es sich andererseits aber auch nicht um die therapeutisch unterstützte Gruppenteilnahme von 8 bis 12 Klienten. Sondern im Idealfall geben dort mehrere Therapeuten einem einzelnen bisher als „Symptomträger“ etikettierten Klienten und dem gleichfalls miteingeladenen Familien-, Berufs- oder Fürsorge-System den ermutigenden Anstoß, schlummernde eigene Lösungen selbständig noch weiter auszubauen.
Am besten sollte der Klient bei ein und demselben Anbieter mehrere Möglichkeiten zur Auswahl haben: Beratung oder Therapie; kurz, mittelfristig oder lang; einzeln oder in der Gruppe; individualpsychologisch/ psychoanalytisch, systemisch/ hypnotherapeutisch, gesprächspsychotherapeutisch oder verhaltenstherapeutisch. Die IVT-Hö bietet aufgrund ihres integrativen Konzepts alle diese Therapie-Formen an. Jeder Standort hat sich dabei freilich spezialisiert und einen eigenen Schwerpunkt aufgebaut.
Um diese Integration nach einem einfachen und einheitlichen Modell noch zu vertiefen, habe ich von der IVT-Hö den Auftrag für ein Forschungsprojekt erhalten:
1. die Verbindung des lösungsorientierten (systemisch-hypnotherapeutischen) und des individualpsychologischen Ansatzes in der verkehrspsychologischen Beratung und Therapie zu erproben;
2. dieses neue Konzept sowohl für „alkoholauffällige Klienten“ wie auch insbesondere für die „mehrfachauffälligen Klienten“ (mit „Punkten“) zu entwickeln;
3. zusätzlich zu dem so weiterentwickelten Grundmodell einer Langzeittherapie auch eine Intensiv- bzw. Kurzzeitberatung aufzubauen.
Diesen neuen Versuch, „LST-Analyse“ genannt, gibt es daher in mehreren Varianten. Eine besteht in einer Einzeltherapie von etwa 10 Stunden innerhalb von höchstens drei Monaten. Dieses „Aachener Modell“ wird seit 1996 für bestimmte „Punkte-Klienten“ von TÜV und StVA in Aachen unterstützt, so daß trotz negativen Gutachtens (mit Empfehlung einer Intensivberatung) die Klienten während dieser Intensivberatung stets vorläufig und nach Abschluß (und Vorlage der IVT-Hö Bescheinigung) stets endgültig die Fahrerlaubnis behalten konnten.
Zwei Aufsätze informieren ausführlicher über die Varianten dieses neuen LST-Ansatzes.[21]
Übrigens: Ist eine Verbindung von Individualpsychologie und systemischer Kurz-Beratung wirklich so ungewöhnlich? Und gibt es nicht auch viele Übereinstimmungen zwischen de Shazer und der kognitiven Verhaltenstherapie? So kann man bei den - auf Erickson folgenden - Pionieren Watzlawick, Fisch, Weakland (dem „Lehrer“ Steve de Shazers) und Bodin in einem Aufsatz von 1972 folgenden Absatz entdecken: „Das Festsetzen realistischer, erreichbarer Ziele und ihre möglichst konkrete, spezifische Formulierung wird damit zum Ausgangspunkt ihrer Behandlungen. In diesem Zusammenhang greifen sie auf Alfred Adlers Begriff des Lebensplans zurück. Sie sind ferner der Ansicht, daß Ziele dieser Art in vielen Fällen in zehn oder sogar weniger Sitzungen erreicht werden können und daß, wenn die Patienten einmal eine kleine Veränderung in der scheinbar monolithischen Struktur ihres ‘großen’ Problems erlebt haben, dieser Wandel dann zu weiteren, von sich aus erreichten Veränderungen auch in anderen Bereichen ihres Lebens führt.“ (ND/ Übers.: Interaktion, S. 414; Hervorheb. v. mir).
VI. Eine Exkursion: „Wahrheit“ oder „Geschichte(n)“? „Wissenschaft“ oder „Fiktion“? Wenn ich urteile, ist das eine Prognose, eine Prophezeiung oder eine Projektion?
Wissen Sie, auf welcher Seite Sie stehen? In dem Jahrtausende alten Streit zwischen Philosophie und Rhetorik? Zwischen Wissen und Glauben(-machen)? Ist Ihnen „die eine Wahrheit“ (der eine Gott) unendlich viel mehr wert als die vielen Meinungen (und „goldenen Kälber“)? Die selbstbestimmte klare Erkenntnis lieb und teuer, weil diese Sie vor fremden Manipulationen schützt?
Der methodische Grundsatz des Konstruktivisten „Erlaube (mir und dir) viele Geschichten statt einer Geschichte“ läßt eine Frage offen: Wo bleibt die Wahrheit (jenseits aller Geschichten und Blickwinkel)? Ähnelt der Konstruktivist vielleicht einem „trockenen Alkoholiker“, der sich nunmehr „die Wahrheit“ verbietet? War er früher ein Psychoanalytiker o.ä. mit „Wahrheitsanspruch“ und ist nun „abstinent“? Stellen Gerichte die Wahrheit fest und die Gerechtigkeit her? Oder „verfahren“ sie nur nach „positivem“ Recht? Ist Richtern des Dritten Reiches nur dann Unrecht nachzuweisen, wenn sie einen Formfehler begangen haben? - In Begutachtung, Beratung und Therapie geht es gar um Urteile über die Zukunft! Aber ist nicht immerhin nachträglich „die Wahrheit“, „der Erfolg“ festzustellen? Wie wird dies gemessen und „operationalisiert“? Und zu welchem Zeitpunkt? Sollte jede positive und negative Prognose sozusagen mit einem Haltbarkeitsdatum versehen werden? Oder wird trotz einer langen „unauffälligen Phase“ die negative Prognose am Ende doch noch zutreffen? Kann umgekehrt die positive Prognose trotz einer Unterbrechung (“Rückfall“) sich am Ende letztlich bewahrheiten?
Sind Prognosen auch „selbsterfüllende Prophezeiungen“? Erzeugen die Urteilenden auch „die“ Wirklichkeit (mit), über die sie nur unabhängig, neutral und objektiv urteilen wollten? Wecken sie gar zuweilen erst die Lust oder den Trotz der Beurteilten, ihnen das Gegenteil zu beweisen[22].
Wie ist also mit der „historischen Wahrheit“ umzugehen? Das Verbrechen an den Juden in Auschwitz als bloße oder falsche Geschichte hingestellt zu sehen, ist unerträglich. Die sog. „Auschwitz-Lüge“ ist justiziabel. Von dem zuerst viel gelobten Buch „Bruchstücke“, das die Erinnerungen „Binjamin Wilkomirskis“ an seine Kindheit im KZ beschreibt, fühlten sich die Leser infam betrogen, als sich herausstellte, daß diese Kindheit einfach von einem Schweizer erfunden wurde.[23] Natürlich gibt es die historisch-philologische Quellenkritik, die „Wunderkritik“ an der Bibel, die Legenden - auch in der jüngsten Geschichte der Wissenschaft, Medizin oder Psychoanalyse - in Frage stellen, einzelnes als unmöglich ausschließen kann. Es gibt auch unumstößliche Naturgesetze. Und doch, wenn es um menschliches Erleben und Erinnern geht... Sogar Kertész schreibt aus eigener Erfahrung: „‘Das Konzentrationslager ist ausschließlich als Literatur vorstellbar, als Realität nicht. (Auch nicht - und sogar dann am wenigsten -, wenn wir es erleben.)’ Der Zwang zum Überleben gewöhnt uns daran, die mörderische Wirklichkeit, in der wir uns behaupten müssen, so lange wie möglich zu verfälschen, während der Zwang zum Erinnern uns verführt, eine Art Genugtuung in unsere Erinnerungen zu schmuggeln, den Balsam des Selbstmitleids, die Selbstglorifizierung des Opfers.“[24] Er veranschaulicht dies an Benignis Film ‘Das Leben ist schön’: „Das Tor des Lagers im Film ähnelt der Haupteinfahrt des realen Lagers Birkenau ungefähr so, wie das Kriegsschiff in Fellinis ‘Schiff der Träume’ dem realen Flaggschiff eines österreichisch-ungarischen Admirals gleicht. Hier geht es um etwas ganz anderes: Der Geist, die Seele dieses Films sind authentisch, dieser Film berührt uns mit der Kraft des ältesten Zaubers, des Märchens. Auf dem Papier sieht dieses Märchen, auf dem ersten Blick, ziemlich unbeholfen aus. Guido lügt seinem vierjährigen Sohn Giosuè vor, Auschwitz sei nur ein Spiel; es werde nach Punkten bewertet, wie man die Schwierigkeiten übersteht, und der Sieger werde einen ‘echten Panzer’ gewinnen. Aber hat diese Erfindung nicht eine wesentliche Entsprechung in der erlebten Wirklichkeit? Man roch den Gestank des verbrannten Fleisches und wollte doch nicht glauben, daß das alles wahr sein könnte. Lieber suchte man Überlegungen, die zum Überleben verlockten“ (S. 56; Hervorheb. v. mir). - Sollen wir Psychologen (Berater oder sogar Gutachter) nun also etwa auf den Versuch verzichten, die Wahrheit zu finden? Behauptet etwa dieser neue Ansatz, es gäbe keine Wahrheit? Sollen etwa in Mythen und Lügen, Verdrängungen und Verleugnungen (von Mißbrauch und Gewalt) unwidersprochen die Intrigen weitergesponnen werden? Wagt hier jemand zu behaupten, daß mit „historisch-kritischer“, kriminalistischer, naturwissenschaftlicher „Spurensicherung“ nicht zwischen Wahrheit und Dichtung mit genügender Wahrscheinlichkeit unterschieden werden kann oder soll? Wieso glaubt überhaupt Freud (und manch ein Berater oder Gutachter?), „den Wahrheitskarpfen gerade mit Hilfe des Lügenköders gefangen“ zu haben? Also genau dadurch, daß er „dem Patienten eine unrichtige Konstruktion als die wahrscheinliche historische Wahrheit vorgetragen“ hatte (Freud 1937, S. 399)!?
Kann andererseits eine „Fiktion“ wahrer sein als ein „Tatsachen-Protokoll“, als eine Befund-Erhebung und eine Dokumentation? Sind letzte Fragen unentscheidbar? Ist dies das Markenzeichen der pluralistischen Demokratie (mit ihrem alltäglichen, unendlichen Streit) im Gegensatz zur Diktatur? Kommt es - pragmatisch gesprochen - bloß auf die alltäglichen, praktischen Folgen an? („Was hat das für feststellbare Folgen, wenn Sie oder ich dies glauben? Welche, wenn Sie oder ich es nicht glauben?“). Ist paradoxerweise gerade darum der Konstruktivismus mit seiner Urteilsenthaltung und Folgekostenabschätzung sehr praktikabel? - Ein konkretes Beispiel ist die Frage: „Gibt es die multiple Persönlichkeitsstörung oder gibt es sie nicht?“. Außerordentlich historisch gelehrt und wissenschaftspolitisch aktuell ist dazu die umfassende „Meta-Untersuchung“ von Ian Hacking: Rewriting the soul. Multiple personality and the sciences of memory. Princeton 1995 (dt. 1996). Dem Leser bleibt es überlassen, nunmehr Hacking selbst als „unentschiedenen“ Hamlet zu tadeln oder für seine hohe Ambiguitätstoleranz zu loben. Wie entscheiden Sie sich? Und wie lange bleiben Sie dabei? ... All diese „Unmöglichkeiten“ machen paradoxerweise natürlich gerade das Urteilen, die mutige Entschiedenheit, die Synthese (bei Ausbalancierung „aller“ Seiten) so außerordentlich wertvoll.
Darum zum Schluß vielleicht einige (gewagte?) „Urteile“ über „Geschichte(n)“ und „Prophetie“, „(Nicht-) Erinnern“ und „Um-Schreiben“ (eine Form seelischer Behandlung!):
- Friedrich Schlegel 1798: „Der Historiker ist ein rückwärts gekehrter Prophet.[25]
- Samuel Butler 1872: „Man sagt, daß nicht einmal Gott die Vergangenheit ändern könne, doch die Historiker können es.“ (Erewhon).
- „Am Anfang des 20. Jahrhunderts schrieb Italo Svevo: ‘Die Vergangenheit ist immer neu. Sie verändert sich dauernd, wie das Leben fortschreitet. Teile von ihr, die in Vergangenheit versunken schienen, tauchen wieder auf, andere wiederum versinken, weil sie weniger wichtig sind. Die Gegenwart dirigiert die Vergangenheit wie die Mitglieder eines Orchesters. Sie benötigt diese Töne und keine anderen. So erscheint die Vergangenheit bald lang, bald kurz. Bald klingt sie auf, bald verstummt sie. In die Gegenwart wirkt nur jener Teil des Vergangenen hinein, der dazu bestimmt ist, sie zu erhellen oder zu verdunkeln.’
Und etwa gleichzeitig betonte Marcel Proust: ‘Das Buch mit den in uns eingegrabenen, nicht von uns selbst eingezeichneten Charakteren ist unser einziges Buch.’ Svevos Beschreibung nimmt die Position der systemischen Gedächtnistheorie vorweg, nach der die Vergangenheit eine freie Konstruktion auf dem Boden der jeweiligen Gegenwart ist. Nach Prousts Gedächtniskonzept dagegen ist die Gegenwart in einer Weise von einer bestimmten Vergangenheit geprägt, die sich subjektiver Verfügbarkeit entzieht. [...] Proust vergleicht diese Präsenz der Vergangenheit in der Gegenwart des menschlichen Bewußtseins mit photographischen Negativen, von denen nicht grundsätzlich vorhersagbar ist, ob sie irgendwann einmal entwickelt werden oder nicht.“[26]
- Foucault „hat nichts als Verachtung für das Postulat eines unaufhörlichen Fortschritts, dieser rührenden Selbstrechtfertigung einer gegenwärtigen Klarsicht, zu dessen Propheten sich jede Geschichte machen sollte.“[27]
- Freud 1896: „Du weißt, ich arbeite mit der Annahme, daß unser psychischer Mechanismus durch Aufeinanderschichtung entstanden ist, indem von Zeit zu Zeit das vorhandene Material von Erinnerungsspuren eine Umordnung nach neuen Beziehungen, eine Umschrift erfährt. Das wesentlich Neue an meiner Theorie ist also die Behauptung, daß das Gedächtnis nicht einfach, sondern mehrfach vorhanden ist, in verschiedenen Arten von Zeichen niedergelegt. [...] Wieviele solcher Niederschriften es gibt, weiß ich nicht. [...] Bewußtsein und Gedächtnis schließen sich nämlich aus. [...] Ich will hervorheben, daß die aufeinanderfolgenden Niederschriften [die allesamt schon bei jedem Einzelvorgang ablaufen] die psychische Leistung von sukzessiven Lebensepochen darstellen. An der Grenze von zwei solchen Epochen muß die Übersetzung des psychischen Materials erfolgen. [...] Wo die spätere Überschrift fehlt [...] bleibt so ein Anachronismus bestehen [...] es kommen ‘Überlebsel’ zustande. Die Versagung der Übersetzung, das ist das, was klinisch ‘Verdrängung’ heißt.“ (Briefe an Fließ, S. 217-219; Hervorh. v. Freud).
- Reik 1935: „Erleben heißt einen Eindruck psychisch bewältigen, der so stark [überraschend oder schockartig] war, daß er von uns nicht sogleich erfaßt werden konnte. [...] die Funktion des Gedächtnisses ist der Schutz der Eindrücke; die Erinnerung zielt auf ihre Zersetzung. Das Gedächtnis ist im Wesentlichen konservativ, die Erinnerung ist destruktiv. Die einzelne Erinnerung bedeutet also eine Durchlöcherung des unbewußten Gedächtnisses als Ganzes, einen beginnenden Auflösungsprozeß im Bewußtwerden. [...‘Im Gedächtnis bewahren’ heißt also ‘vergessen, verdrängen, verschieben’ an einen sicheren Ort „unter die Erde“; AH...] ‘L’histoire c’est une résurrection’, steht auf dem Grabmale Michelets. Diese Wiederauferstehung kommt aber meistens einer Verflüchtigung [...] gleich. Ägyptische Mumien bleiben, tief in der Erde versteckt, durch Jahrtausende erhalten. Der Zeitpunkt, da sie ausgegraben, [...] bezeichnet eigentlich den Beginn ihres Zersetzungsprozesses. [...] Das Nicht-Erinnerte ist psychisch unsterblich. [...] Erinnern ist so der beste Weg zum ‘Vergessen’ [...] Nicht gemeinsame [heraufbeschwörte] Erinnerungen, sondern eher gemeinsame [unbewußte] Gedächtnisspuren sind ein haltbares Band in den menschlichen Beziehungen. [...] Der Zwang zur Wiederholung ist der ursprünglichere, archaïsche Versuch zur Erledigung von Erlebnissen. Die Tendenz, zu erinnern, ist eine spätere, verinnerlichtere Form dieser Bemühung. [...] Der Analytiker kennt eine Reihe von [...] Mischformen [...], die zwischen ‘souvenir’ und ‘recréation du passé’ liegen.“ (Der überraschte Psychologe, S. 131-135; Hervorh. v. Reik).
- Goethe 1808 (1797): „Was ich besitze, seh’ ich wie im Weiten und, was verschwand, wird mir zu Wirklichkeiten.“ (Faust, Zueignung, V. 31f).
- Freud 1939: „Es ist bei der Entstellung eines Textes [Um-Schreiben meines Lebens in eine Problem- oder Lösungs-Geschichte; AH] ähnlich wie bei einem Mord. Die Schwierigkeit liegt nicht in der Ausführung der Tat, sondern in der Beseitigung ihrer Spuren. [...] ‘Entstellung’ [...] sollte nicht nur bedeuten: in seiner Erscheinung verändern, sondern auch: an eine andere Stelle bringen“. (Der Mann Moses, S. 493).
- „The enlightened one leaves no footprint.“ (Zen teaching und für Insoo Kim Berg das Ideal einer Beratung: so respektvoll und bescheiden, vorsichtig und kindlich offen wie nur möglich nach Unterschieden zu fragen, so daß unsere Klienten in spielerischer Trance mit sich selbst zu Rate gehen können).
Fangen wir an, über uns selbst zu lachen, wenn wir bemerken, daß wir uns - ob als ernste Wissenschaftler oder als praxiserprobte Psychologen - wie kleine „Meisterdetektive“ benehmen, vernarrt in „wirkliche“ Kriminalgeschichten, seien es vergangene oder zukünftige? Thomas Huxley weist 1880 (veröff. 1881) in seinem Vortrag „On the method of Zadig: Retrospective prophecy as a function of science“ darauf hin, daß der darwinistischen Biologie, physikalischen Astronomie, Geologie, Paläontologie, Archäologie und Geschichtsschreibung eine Methode gemeinsam sei: die Methode der „rückwärts gekehrten Wahrsagung“. Ginzburg zitiert dies und rühmt es als das „Indizienparadigma“: „Niemand erlernt den Beruf des Kenners oder Diagnostikers, wenn er sich darauf beschränkt, schon vorformulierte Regeln in der Praxis anzuwenden.“ [28] Er beschreibt aber auch kritisch, wie dieses alte Paradigma, welches die Individualität würdigt, zu dieser Zeit einen Aufschwung erhielt durch das kriminalistische und gesellschaftliche Bedürfnis nach der „Identifizierung“ von „Mehrfach-Rückfälligen“. (Bertillon entdeckte ab 1879 ihre Identität und Einmaligkeit in ihren Ohren u.ä., Galton ab 1880 in ihren Fingerabdrücken; 1885 erhielten die „Mehrfach-Rückfälligen“ in Frankreich ein eigenes Gesetz: das „Gesetz Waldeck-Rousseau“).[29] Huxley greift übrigens auf einen divinatorischen „Spurenleser“, Voltaires „Zadig“ zurück. Zaddik heißt im Judentum der vollendet Fromme oder „Bewährte“, insbes. wird so jeder Rebbe der chassidischen Erneuerungsbewegung bezeichnet, die im 18. Jh. in Osteuropa entstand. (Freud schreibt 1930: „Es wird Sie interessieren zu hören, daß mein Vater tatsächlich aus chassidischem Milieu stammte.“). Die Zaddikim können (ähnlich bewundert und verschrien wie die Meister des Zen-Buddhismus oder Sufismus) als Vorläufer oder Vorbilder gegenwärtiger Psychotherapie angesehen werden. Einige ihrer wunderbar „schlichten“ Beobachtungen, ihrer extrem kurzen und doch stutzig machenden Alltags-Geschichten, die sie zu erzählen pflegten, sind in den Berichten ihrer Schüler festgehalten worden. Martin Buber, der diese Welt für uns wiederauferstehen läßt, berichtet in seiner Chronik und Sammlung „Gog und Magog“ von dem Rabbi Jaakob Jizchak (gest. 1815), dem „Seher von Lublin“: „Unter den Geschichten [...] ist die wunderlichste wohl die von dem großen Sünder, der immer Zugang zum Zaddik hatte [...Den empörten Chassidim erklärt Rabbi Jizchak:] ‘Ich weiß, was ihr wißt. Aber was kann ich tun? Ich liebe die Freude und hasse die Trübsal. Und dieser Mann ist ein so großer Sünder: sogar unmittelbar nach der sündigen Handlung, wo doch sonst alle, und sei es auch nur ein Weilchen, zu bereuen pflegen, sei es auch nur um sich alsbald wieder ihrer Torheit zu ergeben, widersteht er der Schwermut und bereut nicht. Und die Freude zieht mich an.’“
Ein Beispiel aus unserem Arbeitsbereich: Um einer Verteufelung vorzubeugen, lädt Gunther Schmidt stets seine wegen „Alkoholproblemen“ stationär aufgenommenen Patienten dazu ein, ein Loblied auf den Alkohol anzustimmen.
Buber schließt an dieser Stelle mit einem Gedanken Rabbi Jizchaks, der uns vertraut sein könnte: „‘Es nimmt mich wunder’, sagte er, ‘wie das zugeht: es kommen zu mir Menschen im Stande der Schwermut, und wenn sie von mir fortziehen, sind sie aufgehellt, und ich selber bin doch ...’ Hier wollte er, den ersten Lauten nach zu schließen, das Wort ‘schwermütig’ aussprechen, hielt aber sogleich inne und sagte: ‘und ich selber bin doch schwarz und leuchte nicht.’“ [30]
VII. Voraus- und zurückgeblickt: Geschichten statt Geschichte[31]
Was verlangen verkehrspsychologische Berater, Verkehrstherapeuten und Gutachter z.B. von einem „Verkehrs-Rowdy“, der vielleicht ebenso viele Gesichter hat wie „multiple Geschichten“ („Punkte“)?
- Eine (seine) glaubwürdige Geschichte: „Bekennen Sie! Legen Sie sich fest! Wie sieht Ihre aktenkundige („sündige“) Identität (als „Saulus“) aus?“
- Nach dem Bekenntnis nun die „Bekehrung“ zum „Paulus“ (das Anderswerden).
- „Wir wollen, daß Sie spontan, freiwillig (selbstbestimmt) und mit innerer Freude, also ausschließlich von sich aus, genau das tun, fühlen und wollen, was wir von Ihnen wollen, weil wir es bei Ihnen für richtig halten: ‘die zufriedene Abstinenz’ bzw. ‘die lustvoll vergnügte Aggressionslosigkeit’!“ (Eine paradoxe Forderung so wie das „Sei jetzt endlich spontan!“).
Frage: Wie soll ich mich grundlegend charakterlich verändern, wenn meine unveränderbare vergangene Geschichte, meine fixierten Taten, meine Kindheit Grundlage meines Charakters, meiner Identität sind? Mich heute erst einmal fest-nageln und klassifizieren (lassen), um dann morgen als anderer aufzuerstehen? Befreit und gerettet durch dieselben Psychologen, die mich vorher „ans Kreuz“ (der Diagnose) schlugen? Ist diese Bekehrung möglich? Ist sie nötig?
Die neue narrative Blickweise (in der Systemtherapie, in der Psychoanalyse und schon immer in der Hypnotherapie) plädiert darum für Geschichten (im Plural) und „multiple Identitäten“:
- Es gibt gar keine feste Vergangenheit! Die eine Geschichte gibt es gar nicht! Und es gibt auch nicht „die eine“ Identität (als sog. Neurotiker, Alkoholiker, aggressiver Psychopath, Rowdy oder eben Berater oder Therapeut). Jeder von uns ist ein Chor von Stimmen, eine multikulturelle Republik, ein Parlament mit vielen Parteien.
- In jedem Leben stecken viele (verborgene) Geschichten und Lebensstile, die gerne einmal regieren wollen. Für jeden neuen Arbeitgeber (bzw. Berater oder Therapeuten) schreibe und erzähle ich ganz verschiedene Lebensläufe. Manches wird erst in der Zukunft nachträglich „wahr“.
- Wir schreiben die Vergangenheit täglich neu. Wenn die Zeit einer Ehe, eines Krieges, einer Diktatur (meiner Trinkexzesse bzw. Gewalttätigkeiten) vorüber ist, schreibe ich „die Geschichte“ - böse oder wehmütig - um. Die alte Geschichte (von Liebe oder Haß), die vergangene (Alkohol- oder Gewalt-) Problematik wird mir oft nachträglich unvorstellbar! Jede Generation schafft sich eine neue Vergangenheit und schreibt die Geschichtsbücher um. Vergangene Einzelheiten finden einen ganz anderen Sinn und Zusammenhang.
- Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft existieren nicht unabhängig voneinander. Wenn ich meine Zukunft (durch Entwürfe und Taten) verändere, verändere ich auch meine Vergangenheit. Wenn ich meine Vergangenheit verändere (umerzähle, anders einordne), verändere ich auch meine Zukunft. Meine Vergangenheit ist (fast) genauso unbestimmbar (oder bestimmbar) wie meine Zukunft! Mein heutiger Blick in die Vergangenheit ist also projektiv (prophetisch, prognostisch). In meinem „gestern“ - so wie ich es heute erzähle - spiegelt sich mein „morgen“. Welche „stories“ ich heute über meine Kindheit - oder meine „auffälligen Taten“ - erzähle, hat mit meinen heutigen Ängsten, Hoffnungen und „Stellungnahmen“ (Adler) zu tun. Immer ist in dem „Wie war es damals?“ ein „Wie wird es morgen weitergehen?“ verborgen. „Die“ Kindheit ist eine - oft unwillkürliche - Konstruktion von heute her und keine vorgegebene Ursache. Schaue ich anders zurück, eröffne ich mir zugleich auch eine andere Zukunft! Berater und Klient können sich auf das Abenteuer einlassen, gemeinsam den Zeit-Rahmen zu ver-rücken und gemeinsam den Blick zu wechseln. Nach M.H. Erickson haben wir sogar für jeden Klienten eine eigene Form der Psychotherapie oder Beratung zu erfinden. Wieviel Spaß und wieviel Herausforderung für uns Berater, uns wieder einmal zu (ver-) wandeln ...
- Es gibt also nur Geschichten, keine Geschichte. Natürlich sind sie nicht alle gleich viel wert. „Meistererzählungen“ sind z.B. die heutigen Theorien, die uns Berater „beherrschen“.
- Wir stricken - bewußt oder nicht - von der ersten Sekunde an immer mit an den Geschichten, die die Klienten sich und uns erzählen.
- Wie können wir dies methodisch nutzen? Wie können wir gemeinsam „Problem-Geschichten“ in „Lösungs-Geschichten“ verwandeln? Wie „(er)finden“ wir (Ab-) Lösungen - ganz spielerisch - in einer Art Trance (LST: Lösungs-Spiel-Trance)? Indem wir nach unvergeßlichen Erlebnissen fragen und uns auf die Suche begeben nach glückenden Abenteuern unseres Alltags (von uns selbst erfolgreich inszenierten „Filmen“, „Romanen“, „Märchen“, „Träumen“), gerade auch nach zukünftigen (the day after the miracle)? Indem wir sie uns dadurch in selber ausgearbeiteten klaren Details und Schritten vielleicht verlockend einfach und anziehend vor Augen stellen?
Auf dem Kongreß war es mir möglich, an Stelle eines theoretischen Vortrags eine Videovorführung anzubieten, in welchem Steve de Shazer einem mehrfachauffälligen Klienten der IVT-Hö (der u.a. den Leiter seiner Führerscheinstelle zusammengeschlagen hatte) seine berühmte Zukunftsfrage stellt („The miracle question“: „Suppose ... the problem is gone/ resolved, how ...“ - abgedruckt hier im Anhang unter B/ IV). Auf diese Weise hat er meinen Klienten eingeladen, eine neue, tatenfrohe Geschichte zu ent-wickeln. An diesem praktischen Beispiel konnten Vor- und Nachteile seines „lösungsorientierten“ und „text-fokussierten“ Ansatzes diskutiert werden. Er ist einer der vielen Varianten des narrativen Ansatzes (hypothetical orientation in time). Der Begriff „narrativ“ umfaßt dabei wohlgemerkt nicht nur die „Hermeneutiker“, die meinen, daß wir zwar alle in einer (gemeinsamen!) Geschichte und Sprache „verstrickt“ sind, aber aus einem Mißverstehen stets zu einem Verstehen übergehen könnten. Sondern damit sind auch die „Konstruktivisten“ und „Dekonstruktivisten“ gemeint (M.H. Erickson, de Shazer, Maturana, Derrida), die davon ausgehen, daß „Verstehen“ und instruktive Interaktion („Beeinflussung“) unmöglich seien. Wie amerikanische und sowjetische Kapseln im Weltraum, so könnten auch zwei Menschen auf der Erde sich nur auf eine ganz indirekte und zusammengeflickte Art und Weise aneinander „ankoppeln“. Der „Empfänger“ bestimme immer - aus seiner einzigartigen Welt heraus - den Sinn der Botschaft des „Senders“. Gerade diese Skepsis gegenüber der einen „objektiven Übertragung“ (alles wird noch einmal anders über-setzt) führt bei ihnen gerade zu der Freiheit (oder Notwendigkeit), mit so vielen „Übertragungen“ und „Geschichten“ wie nur möglich zu spielen.
Als Ausgleich für die Videovorführung habe ich dem Leser neben den theoretischen Erläuterungen einen umfangreichen Literaturteil und einige andere Materialien im Anhang zusammengestellt. Vielleicht verlockt es diesen oder jenen Leser dazu, aus dem Konzentrat und den Zutaten - wie ein guter Koch - ganz autonom und spielerisch etwas Schmackhaftes zu zaubern und das Material in ein individuelles Lösungs-Besteck zu verwandeln?[32]
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White, M. (1988): Der Vorgang der Befragung: eine literarisch wertvolle Therapie? (The process of questioning: A therapy of literary merit?). In: Familiendynamik 14 (1989) 114-128.
White, M. (1992): Therapie als Dekonstruktion. In: J. Schweitzer/ A. Retzer/ H.R. Fischer (Hgg.): Systemische Praxis und Postmoderne. Frankfurt a. Main 1992, S. 39-63.
White, M./ Epston, D. (1989): Die Zähmung der Monster. Der narrative Ansatz in der Familientherapie. (Literate means to therapeutic ends. Adelaide 1989). Heidelberg 1990, 3., überarb. Aufl. 1998.
Zeig, J.K. (Hg.) (1980): Meine Stimme begleitet Sie überallhin. Ein Lehrseminar mit Milton H. Erickson. (A teaching seminar with Milton H. Erickson. New York 1980). Stuttgart 1985, 7., um e. neues Vorw. v. G. Schmidt erw. Aufl. 1999.
Arbeitsmaterialien („Lösungs-Set“)
A. Wie Fragen verändern (Karl Tomm)
„Könnte ich Sie auch ganz anders fragen?“ - „Fragen Sie mich doch mal...,
ob man die Geschichte irgendwie auch noch ganz anders sehen und erzählen könnte..“
„Wie fühlen Sie sich durch meine Fragen behandelt?“
„Wieso ist jedes Interview schon eine Art Beratung oder Therapie?“
1. Lineale Frage: Waren Sie oft betrunken?
(= Die Beziehungs-Störung gehört nur - zu - Ihnen! Sie Trinker!)
2. Zirkuläre Frage: Wer hat es als erster gemerkt, als Sie mehr/ weniger/ nichts mehr getrunken haben? - Was glauben Sie, woran ein Psychologe merkt, daß Ihnen der Führerschein wieder zusteht? Was meinen Sie, was er dafür braucht? Was, meinen Sie, könnte es einem Gutachter im Moment vielleicht noch schwer machen, Ihnen das einfach so zu glauben?
3. Strategische Frage: Ist es nicht anstrengend für Sie, daß Sie sich vorgenommen haben, niemanden mit Ihren Gefühlen zu belasten?
4. Reflexive Frage: Wenn das angenommene (Beziehungs-) Problem einfach (nicht) verschwunden wäre, was wäre dann in Ihrem Leben anders? Woran würden Sie/ ich/ X das noch bemerken? Was ist das Schöne am Trinken? Wodurch ist/ wann war es ein Geschenk des Himmels?
B. Lösungsorientierte Kooperation mit (von Dritten) „geschickten“ Klienten
I. Eröffnungs-Fragen und -Verhandlungen:
Auf dem Weg zu attraktiven Zielen
Wessen Idee war es, daß Sie hierherkommen sollten?
Was denkt X, wieso (wie) Ihnen das hier hilfreich sein wird?
Welches Problem ist es, von dem X glaubt, Sie hätten es?
Was glaubt X, warum Sie (denn) dieses Problem hätten?
Was würde X sagen, inwieweit es Sie - und inwieweit es X - angeht/ betrifft?
Was würde X sagen, was Sie als ersten (Start-)Schritt tun sollten?
Was würde X davon überzeugen, daß Sie nicht (mehr) hierherzukommen brauchen?
Woran würden Sie/ Ihre Frau/ ein Psychologe merken, daß „das angenommene/
unterstellte Problem“ nicht (mehr) vorhanden ist?
II. Fragen nach Ausnahmen/ verborgenen Ressourcen/ Erfolgsgeschichten
Woher wissen Sie oder X, daß Sie es tun können?
Woran werden X oder Sie selbst es merken, daß Sie es tun?
Wann haben Sie dies zuletzt gemacht?
Wie haben Sie das gemacht/ geschafft? Wie noch?
Was hat Ihnen am meisten geholfen?
(Z.B.: Was hat Sie davon abgehalten, wieder/ weiter zu trinken? Was noch?)
III. Fragen nach Vision /Zuversicht/ Einsatz des Klienten
Woran würden Sie/ X merken, daß Sie einen Schritt weiter sind (zur Stufe 10 hin)?
In sechs (zwölf) Monaten, wie wären Sie da gerne anders?
(Z.B.: Was muß anders sein, was müssen Sie machen,
um Ihren Führerschein zu erhalten/ behalten?)
Wie zuversichtlich sind Sie, daß Sie es schaffen, auf diesem Weg (zur 10 hin)
zu bleiben? Woher wissen Sie das?
Angenommen, ich würde Ihre Frau fragen, was würde sie sagen?
Wie zuversichtlich ist sie (auf einer Skala von 0-10)?
Wie würde Ihre Frau beschreiben, wie Sie sich verändert haben?
IV. The miracle question/ Wunderfrage
Stellen Sie sich einmal vor...[Pause; Klient beginnt träumerische Trance]...
...Sie gehen heute abend ins Bett und schlafen...[Pause]...
und während Sie schlafen, geschieht ein Wunder...
[nur kurze Pause; Klient lacht vielleicht]...
...und die Probleme, die Sie hierhergeführt haben, sind weg/ gelöst - einfach so!
[Berater schnipst ev. mit dem Finger] - Sie wachen auf!
Woran merken/ entdecken Sie jetzt als erstes, daß ein Wunder geschehen ist?
...Woran noch?...Woran merken es die anderen?
V. Am Ziel ankommen: Beratung wird nicht mehr nötig sein, wenn...
Wie werden Sie wissen/ woran werden Sie merken, daß Sie genug getan haben?
Was macht Sie zuversichtlich, daß X merkt, daß Sie (genügend)
Fortschritte gemacht haben?
VI. Vor einer Pause bzw. „Ab-Schluß-Intervention“
Gibt es etwas, das ich noch wissen sollte?
(Copyright: Steve de Shazer und Insoo Kim Berg - Workshops 1994-1998)
(Übersetzt u. z.T. umformuliert v. A. Himmelreich)
C. Die „Zentralkarte“ Steve de Shazers
...........
D. Ein, zwei, drei Lösungen „für alle Zukunft“
Habe ich mich vielleicht einmal „versehentlich“ auf Abwegen befunden? Hat mir ausnahmsweise einmal etwas besser gefallen als das gewöhnliche Trinken oder Rauchen? Dann bin ich mein Leben lang in der Gefahr, immer wieder auf dieses Neue zurückzukommen! Habe ich nur ein einziges Mal eine neue Losung oder Lösung gefunden, einen Schlüssel, der mir eine ungewöhnliche Welt aufschließt, so besteht diese Gefahr unwiderruflich „für alle Zukunft“. Ohne daß ich es will oder bewußt daran denke, kann jederzeit irgendetwas wieder eine unbezwingbare Potenz und Lust in mir wecken, etwas anderes als das bekannte Rauchen oder Trinken auszuprobieren und daran richtig „klebenzubleiben“. Einmal in mir gespeichert, kann dies nie mehr verlorengehen oder „gelöscht“ werden. (Erklärung: Es ist wie ein Marker, ein Chip im Gehirn / Das Unbewußte kennt keine Zeit).
(Gunther Schmidts Umdeutung der Logik der „Anonymen Alkoholiker“)
Ich danke Steve de Shazer, Insoo Kim Berg, Gunther Schmidt, Arnold Retzer, Karl Tomm, dem Carl-Auer-Systeme-Verlag (Heidelberg) und dem verlag modernes lernen (Dortmund) für ihre Unterstützung und die Erlaubnis zum Wiederabdruck der Abbildungen und Workshop-Materialien.
Abbildungsnachweise: Cartoon: Dilbert, abgedr. m. Genehmig. d. UFS, Inc., aus: de Shazer (1994a): „...Worte waren ursprünglich Zauber“. Dortmund 1996, 21998, S. 83/ Tabelle: Retzer (1996): Zeit und Psychotherapie. In: Familiendynamik 21 (1996) 155/ Abb. 1 u. 2: Tomm (1994): Die Fragen des Beobachters. Heidelberg 1994, 21996, S. 179 u. S. 193/ Zentralkarte: de Shazer (1988a): Der Dreh. Heidelberg 1989, 61999, S. 103.
Abstract: Tell me (no) more stories! An approach to narrative actions and orientation in time „techniques“ in the systemic, solution focused therapy and in psychoanalysis: A new basic concept of psychological intervention. In a video demonstration we can see how Steve de Shazer offers a client to change his orientation in time and self-narration. The client is one of those who participate in a special IVT-Hö program („LST-Analyse“), a model for driver improvement. These drivers are generally described as „aggressive“ (or as „problem drinkers“).
Erschienen in:
Verkehrspsychologie auf neuen Wegen:
Herausforderungen von Straße, Wasser, Luft und Schiene/
37. Kongreß für Verkehrspsychologie
des Berufsverbandes Deutscher und Österreichischer Psychologinnen und Psychologen
und der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen,
Braunschweig, 14.-16. September 1998.
Hg. v. Fritz Meyer-Gramcko. Bonn 1999, S. 617-650 (= Bd. 2).
Diese gedruckte Fassung ist im hier vorliegenden Exemplar
noch einmal aktualisiert (Stand: Frühsommer 1999).
[1] Im Anhang C ist die „Zentralkarte“ Steve de Shazers abgedruckt, ein einfaches Modell für die erste, zweite oder dritte Beratungsstunde. Dieser Entscheidungsbaum zeigt präzise auf, welches Vorgehen des Beraters (Fragen, Komplimente, Beobachtungs- oder Verhaltens-“Aufgaben“) die Rückmeldungen des Klienten jeweils so respektiert, daß der Klient den nächsten Schritt als hilfreich und gerade für ihn „passend“ empfinden kann.
[2] Max Frisch: Mein Name sei Gantenbein. Frankfurt a. Main 1964, S. 30 u. S. 74.
[3] Vgl. Alfred Schütz (1932, S. 60): „Der Entwerfende verfährt nicht anders, als wäre das Handeln, welches er entwirft, im Zeitpunkt des Entwerfens bereits in der Vergangenheit liegende, abgelaufene, vollzogene Handlung, die nunmehr in den (im Zeitpunkt des Entwerfens gegebenen) Erfahrungszusammenhang eingeordnet wird.“ Zielgerichtetes Denken und Handeln vollziehe sich stets „modo futuri exacti“ (bzw. im Futur II): Einst wird es (vergangen) gewesen sein. Morgen wird (das) heute (von) gestern gewesen sein! - Retzer 1996 zitiert diese Passage und gibt einen sehr guten Überblick. - Schütz kann auf Husserl 1928 zurückgreifen, der im § 26 schreibt: „Insofern ist die Erwartungsanschauung eine umgestülpte Erinnerungsanschauung“. Neben Husserl, Schütz und vor allem M.H. Erickson (ihm folgt de Shazer) ist aber unter den frühesten Autoren über Freud hinaus noch Lacan (ihm folgt z.T. Laplanche) einzureihen. (Zeit-Techniken als Techniken der Lebensweisheit sind natürlich uralt). Lacan hat Freuds geniale Entdeckung der „Nachträglichkeit“ (wenn überhaupt, dann wirkt die Erinnerung - und nicht das Ereignis - „traumatisch“) zum Schlüsselbegriff der Psychoanalyse (des Unbewußten sowie der Sprache und der Zeit im allgemeinen) erhoben. - Anders als die Psychoanalytiker nutzen jedoch Erickson („Schau weit voraus auf den Punkt, von dem aus du zurückschaust“) und de Shazer die Zeit therapeutisch und methodisch auch insbesondere für eine lösungsorientierte Reise in die Zukunft: Progression, nicht (nur) Regression in der Zeit!
[4] Dabei blicken seit der „narrativen Wende“ z.B. die folgenden beiden hochangesehenen Repräsentanten der Freudschen Psychoanalyse ebenso lustvoll wie erschrocken auf die Vielfalt (Pluralismus, Relativismus), mit der Analytiker (auch Analysanden?) die Lebens-Geschichten erzählend konstruieren können. Wie wird die entdeckte Wahlfreiheit genutzt? Wessen Erzählung hat mehr Gewicht? Bleiben die analytischen Geschichten Problem-Geschichten? - Roy Schafer (1992, dt. 1995, S. 248) schreibt: „Jede psychoanalytische Schule behauptet, die beste von allen zu sein, weil ihre Technik des Zuhörens kritischer, empathischer und exakter sei [...] Ist es möglich, daß sie die lebensgeschichtlichen Erzählungen von Analysanden nur auf dieselbe Art interpretieren, wie sie Schneewittchen interpretieren würden, das heißt auf eine angewandte Art [d.h. als „Schriftstück“, ohne ein „menschliches Gegenüber“] und mit vorgefertigten Interpretationen? Könnte es sein, daß die Analytiker sich den Analysanden als einer Sammlung von Geschichten nähern, die im Sinne von Handlungssträngen [Dramen-Mustern], welche von bevorzugten analytischen Theorien zur Verfügung gestellt werden, neu erzählt werden müssen? Diese beunruhigenden Fragen verschwinden nicht einfach, nur weil Analytiker sie verdrängen oder verleugnen.“ - Wolfgang Mertens (1998, S. 137) schreibt sogar: „Von daher liegt es nahe, die Entwürfe des Patienten als gemeinsam gestaltete Szenen und die Rekonstruktionen des Analytikers als synergistische Phantasieproduktionen zu betrachten, die nicht nur oder kaum die historische Wahrheit des Patienten betreffen, sondern auch viel von dem bewußten und unbewußten biographischen Hintergrund des Analytikers beinhalten.“ Seltsamerweise glaubt Mertens aber dennoch, eine hermeneutische Kunst der Auslegung werde schließlich doch zu einem immer zutreffenderen („wahren“) Ergebnis verhelfen.
[5] Herodot erzählt: Auf des Königs Kroisos Frage, wer jetzt der allerglücklichste Mensch auf Erden sei, nannte der für seine Weisheit berühmte Solon, der den Athenern ihre Gesetze gegeben hatte, einen einfachen Bürger von Athen, namens Tellos, denn „sein Leben krönte ein herrlicher Tod.“ Dem erstaunten Kroisos, der sich selbst als den glücklichsten wähnte, erläuterte Solon dies mit den Worten: „Vor dem Tode darf man nicht sagen, daß jemand glücklich sei“ und fügte hinzu: „Überall muß man auf das Ende und den Ausgang sehen.“ Dies überzeugte Kroisos jedoch nicht: „Kroisos hielt ihn für einen großen Toren, daß er das Glück der Gegenwart nicht gelten ließ und immer nur auf das Ende hinwies.“ Das Ende kommt überraschend schnell: Krösus’ unglaublicher Reichtum ist zwar bis heute sprichwörtlich geblieben. Er selbst aber verliert nach etwa 13 Jahren königlicher Herrschaft über fast ganz Kleinasien buchstäblich wieder alles, als er im Jahre 547 (?) v. Chr. vom persischen König Kyros, den er angegriffen hatte, vernichtend geschlagen wurde. „Das“ Ende...? Eine zeitgleiche babylonische Chronik behauptet (um 500 v. Chr. zuletzt redigiert?), Kroisos sei von Kyros getötet (erschlagen?) worden (falls die fehlenden Buchstaben dieser Handschrift heute richtig ergänzt werden). Auf einem griechischen Vasenbild (um 490 v. Chr.?) trifft er Vorbereitungen, sich selbst rituell zu verbrennen. Eine griech. Dichtung ergänzt dies im Jahre 468 v. Chr. um eine jenseitige Rettung: Apollon schickt einen Regenguß und entrückt ihn. Herodot dagegen berichtet um 430 v. Chr. von einer diesseitigen Rettung (aber auch daß zuvor nicht Kroisos sich selbst, sondern Kyros ihn habe verbrennen wollen). Kroisos, nunmehr „weise“ geworden, habe noch viele Jahre als bewunderter Ratgeber von Kyros weitergelebt, wie Herodot im einzelnen zu belegen versucht. (Niemand ist vor seinem Tode glücklich zu preisen/ Beatus ante obitum nemo: Herodot, Historien 1, 32 - Übers. Horneffer; Sophokles, König Ödipus, 1529f; Aristoteles, Nikomachische Ethik 1, 11; Prediger Salomo; vgl. G. Schneeweiß, in: Apophoreta. Bonn 1975; W. Burkert, in: Catalepton. Basel 1985). „Katastrophe“ (durch eigene oder aber fremde Hand), „jenseitige Rettung“ und „diesseitige Rettung“ (= eine sich „aufgeklärt“ gebende Rationalisierung) stellen nach Burkert die drei bzw. vier prinzipiellen Erzählstufen und Versionen einer (solchen) Geschichte dar. Er findet sie wieder in den Berichten (und wiss. Darstellungen) über die Kreuzigung Jesu. (Ähnlich im Falle Hitlers und Stalins? Typisch für „Bekehrte“ oder - präziser - „Unbekehrbare“? Auch für uns und unsere Klienten?). So urteilt denn auch Burkert, einer der Großen seines Faches, über die heutige Darstellung von Kroisos’ Ende in den gelehrten Handbüchern: „Sich über Herodot zu erheben, haben indessen die Modernen keinen Grund. [...] So hat die kritische Wissenschaft auf Grund ihres eigenen Verständnisses der ‘ganz natürlichen Weise’ flugs eine neue, vierte Stufe der Legende geschaffen.“ (S. 15).
[6] Adler 1937, dt. 1994, S. 52 (auch das Folgende zit. nach S. 52f).
[7] Eine kleine Geschichte, die vor einigen Jahren durch die Presse ging, machte mir den Unterschied zwischen der problemorientierten und der lösungsorientierten Sichtweise noch einmal deutlich: Ein Medizinstudent hatte die Prüfungen im Physikum nicht bestanden. Nahezu alle seine Kreuze in den entsprechenden Multiple-Choice-Bögen hatte er “objektiv“ falsch gesetzt. Im Rahmen eines Gerichtsverfahrens stellte sich nun heraus, daß er einen etwas „schrägen Blick“ hatte. Er hatte sich jedesmal um genau eine Zeile vertan. Gibt nun der Betrachter sich und dem Ganzen einen einzigen kleinen „Ruck“, steht fast alles an der richtigen Stelle.
[8] Sehr hilfreich waren für mich die Kurzfassungen von Luc Isebaert 1997 (sowie auf Audiocassette: Isebaerts Vortrag v. 199?) u. bes. v. Gunther Schmidt auf allen seinen Audio- und Videocassetten!
[9] Lacan 1954-1955, dt. 1980, S. 411. Zentrales Prinzip bei de Shazer und Adler. (Adler hat - schon vor Frankl und wahrscheinlich auch schon vor Erickson - Patienten überraschend und paradox dazu aufgefordert und ihnen „verschrieben“, ihr Symptom noch weiter auszubauen. Trotz bzw. aufgrund seiner ermutigenden Devise „Jeder kann alles“ geht Adler jedoch auch oft defizit- und problemorientiert vor). Milton H. Erickson ist wahrscheinlich der erste und bisher nicht übertroffene Meister darin, alles, was wir normalerweise als „Widerstand“ wahrnehmen würden, gleich unmittelbar spürbar so zu nutzen, daß es im Gegenteil sogar den Rapport, die Psychotherapie und ihr Ziel fördert („Utilisation“).
[10] Zu diesem Adler-Zitat (1928), mit dem er das „Gemeinschaftsgefühl“ definiert (d.h. die Beitragsleistung der Klienten, der Berater und aller anderen zur Gemeinschaft), vgl. Ansbacher u. Ansbacher, dt. 1995, S. 112ff.
[11] Vgl. Farrely: Provocative therapy (Video v. 1989). In Himmelreich 1998a bzw. 1998b habe ich noch auf Haley 1980, Kaufman/ Kaufmann 1979 u. Cirillo/ Di Blasio 1989 hingewiesen, die anders als die lösungsorientierten, respektvoll kooperierenden Berater wie de Shazer und Schmidt auf Entschiedenheit und eine Art „Erpressung“ setzen (‘Wollen Sie nicht diesen Zwang des Richters bzw. des Krankenhauses wieder loswerden? Wenn Sie sich selber für Abhängigkeit oder Gewalt entscheiden, werden Sie hier auch wie ein Abhängiger, der nicht ganz mündig ist, behandelt.’).
[12] Nach Adler z.B. habe ich nur einen Lebensstil (den ich mit viel Anstrengung und Ermutigung noch einmal korrigieren könnte). Aber gibt es nicht vielleicht doch - mindestens - so viele Gesamtentwürfe, vergangene und zukünftige Lebens-Spiel-Varianten wie Kindheitserinnerungen? - Adler folgt Seneca, Epiktet, Nietzsche und Vaihinger und bereitet eine konstruktivistische Sicht vor, wenn er den „Charakter“ für eine „Fiktion“ erklärt. Zu „Fiktionalismus und Finalität“ von Lebensstil und Charakter vgl. die zusammenmontierten Textstellen Adlers bei Ansbacher u. Ansbacher (S. 65-84, hier S. 80): „‘Aber alle diese vorläufigen, im einzelnen sichtbaren Ziele geraten nach kurzem Bestand der seelischen Entwicklung des Kindes unter die Herrschaft des fiktiven Endziels, des als fix gedachten und empfundenen Finales. Mit anderen Worten: das Seelenleben des Menschen richtet sich wie eine von einem guten dramatischen Dichter geschaffene Person nach ihrem V. Akt.’ [...] ‘Die Person trägt dann die durch ihr fiktives Ziel geforderten Charakterzüge, so wie die Charaktermaske - persona - des antiken Schauspielers zum Finale der Tragödie passen mußte.’“ (Anklänge an system.-hypnotherap. Methoden bei Adler: S. 273-279).
[13] Breuer/ Freud (1895): Studien über Hysterie. ND Frankfurt a. Main 1991, S. 180 bzw. Freud, GW I, London 1952, S. 227.
[14] Berne 1972, dt. 1975, S. 81 (Hervorheb. v. mir). Er schreibt dort übrigens auch: „Die Skript-Analytiker akzeptieren die Lehren Freuds in ihrer Gesamtheit, und sie wollen nur etwas hinzufügen, das sich aus weiterreichenden Erfahrungen ergibt. [...] In Wirklichkeit sind die Skript-Analytiker ‘bessere Freudianer’ als die Analytiker. [...] Auf jeden Fall ist eine Verbesserung der Psychoanalyse ebensowenig antianalytisch, wie etwa eine Verbesserung im Flugzeugbau irgendeinen Schatten auf die Gebrüder Wright werfen könnte.“ (S. 452-454). - Eric Bernes Spiel-, Geschichten- und „Märchen“-Analyse kommt neben Salbers „Analytischer Intensivberatung“ (mit seinen 20 bzw. 30 Märchen-Prototypen als Verwandlungs-Sorten von Selbst-Behandlung) unserer psychoanalytisch-systemischen LST-Analyse am nächsten. (Er greift auch schon fast hypnotherapeutisch bzw. psychodramatisch den Chor unserer inneren Stimmen auf). Berne und Salber streben Kurzberatungen an. Der Unterschied zur LST-Analyse besteht darin, daß zumindest Berne äußerst problemorientiert, ja fast zynisch ist und an eine reale, kausale Vorprogrammierung durch unseren „Lebensplan“, durch unsere Grundsatz-Entscheidungen vor dem 6. Lebensjahr glaubt: „Ich meine, ich müßte immer“ (Adler!) in meinem Leben dieses „Drama“ spielen. Andererseits beschreibt Berne präzise einen lösungsorientierten Kurzberatungsansatz an der folgenden Stelle: „In der Skript-Analyse wird versucht, den Strick, an dem der Patient seine Last trägt, durchzuschneiden, so daß er die ganze Last auf einmal fallenlassen und sich so rasch wie möglich frei fühlen kann. [...] es ist sehr gut möglich, den nunmehr abgeworfenen Sack voller Kieselsteine nachher Stein für Stein durchzugehen und dabei das gleiche zu tun wie der psychoanalytische Therapeut - nur geschieht das eben jetzt, nachdem sich eine Besserung im Befinden des Patienten eingestellt hat. Das Motto der Besserungs-Therapie (bzw. der ‘Fortschritts-Therapie’) lautet: ‘Es kann dir nicht besser gehen, bevor du nicht völlig analysiert worden bist!’ Dagegen lautet das Motto der ‘Therapie zur Heilung des Patienten’: ‘Werde erst einmal gesund, dann können wir immer noch eine Analyse vornehmen, wenn du das willst!’“. (A.a.O., S. 427f).
[15] Nietzsche (1886/ 1980): Jenseits von Gut und Böse, KSA, Bd. 5, S. 86 (Aphor. 70) bzw. Benjamin (1932/ veröff. 1970/ 1985): Berliner Chronik, Ges. Schr., Bd. 6, S. 491f.
[16] Vgl. dazu bes. F.W.A. Boeckhorst 1995 sowie z.B. B.P. Keeney (1990): Improvisational Therapy. Eine praktische Anleitung zur Entwicklung kreativer klinischer Strategien. Paderborn 1991.
[17] Außerordentlich anregend: Retzer 1996, Boscolo/ Bertrando 1994 u. d. hypnotherapeutischen Konzepte v. M.H. Erickson, de Shazer, G. Schmidt, James/ Woodsmall (Time Line) u.a. - Das wichtigste Medium ist „die“ Sprache. Die Wirkungen der Sprachen (und ihrer Signifikanten) sind von uns Beratern noch bei weitem nicht erkannt und ausgeschöpft. Wie ist überhaupt „Über-setzung“, „Übertragung“ möglich? Jeder von uns besteht aus vielen Stimmen. Aus uns redet ein Anderer. In uns reden die anderen. Auch mit anderen Menschen kommuniziere „ich“ gleichzeitig mit mehreren meiner „Stimmen“. Mit „Medium“ meinen wir gleichermaßen das uns Umfassende wie auch dasjenige, das wir umfassen können. Die Sprache trägt und umfaßt uns (wie die Luft, der Raum, die Zeit). Umgekehrt benutzen wir auch das Sprechen (und die Zeit etc.) als ein Instrument. Mit der ersten Sichtweise machen uns immer wieder die Dichter und Philosophen vertraut, die zweite finden wir wieder in dem populären Sender-Empfänger-Modell (Telegraphen-Modell). Durch einen greifbaren „Kanal“, eine Röhre oder ein Kabel werden längs einer Linie (!) sozusagen einzelne kleine „Pünktchen“ auf die andere Seite (des unüberschaubaren Ozeans, ihn unterwandernd) hinüber gemorst und gefunkt. Wenn wir den Unterschied zwischen den beiden Modellen einmal zuspitzen: Machen wir die Sprache zur Göttin oder zur Hure? Es ist verführerisch, aber zu einfach, Hermeneutik und Konstruktivismus, also die zwei extremen Spielarten des „narrative turn“, nur jeweils einer dieser beiden Einstellungen zuzuordnen. Der Konstruktivismus greift zum Beispiel auf seine Art das Sender-Empfänger-Modell auf: Wie die Botschaft des Senders lautet, was sie zu bedeuten habe, bestimme immer der Empfänger (aus seiner einzigartigen, also „völlig“ andersartigen Welt und Sprache heraus), nahezu unvorhersehbar für den Sender. Als die Astronomen um 1963 im Weltraum regelmäßig sich wiederholende Radiosignale entdeckten, schlossen sie zuerst auf extraterrestrische Intelligenz, bis sie dann dem Phänomen den Namen „Pulsar“ bzw. „Quasar“ gaben.
[18] Freud schreibt in seinem unveröff. „Entwurf“ einer „Psychologie für den Neurologen“ von 1895 (GW, Nachtragsbd., Frankfurt 1987, S. 447f): „Es liegt hier der Fall vor, daß eine Erinnerung einen Affekt erweckt, den sie als Erlebnis nicht erweckt hatte, weil unterdes die Veränderung der Pubertät ein anderes Verständnis des Erinnerten ermöglicht hat. Dieser Fall ist nun typisch für die Verdrängung bei der Hysterie. Überall findet sich, daß eine Erinnerung verdrängt wird, die nur nachträglich zum Trauma geworden ist. Ursache dieses Sachverhalts ist die Verspätung der Pubertät gegen die sonstige Entwicklung des Individuums.“ (Hier betont Freud noch die besondere Organisationsstufe und Umbruchzeit der Pubertät. Später wird er noch viele andere hervorheben!) - Lacan hebt noch deutlicher heraus, wie die Zukunft die Vergangenheit erst erzeugt: „Vergessen Sie dies nicht - Freud erklärt die Verdrängung zunächst als eine Fixierung. Aber im Augenblick der Fixierung gibt es nichts, das die Verdrängung wäre - die des Wolfmanns stellt sich erst nach der Fixierung her. Die Verdrängung * ist immer eine Nachdrängung *. Und wie dann die Wiederkehr des Verdrängten erklären? So paradox das scheinen mag, es gibt nur eine Art, sie zu erklären - das kommt nicht aus der Vergangenheit, sondern aus der Zukunft. [...Der Kybernetiker] Wiener nimmt zwei Personen an, deren jeweilige Zeitdimension in gegenläufiger Richtung zur je anderen liegt. Wohlverstanden, das hat nichts zu bedeuten [...] Wenn der eine dem anderen eine Botschaft übersendet, zum Beispiel ein Viereck, so wird die Person, die in gegenläufige[r] Richtung geht, zunächst sehen, wie das Viereck verschwindet, bevor sie das Viereck sieht. Das ist es, was auch wir sehen. Das Symptom stellt sich uns zuerst als eine Spur dar, die nie etwas anderes sein wird als eine Spur und die solange unverstanden bleiben wird, bis die Analyse weit genug fortgeschritten ist, daß wir ihren Sinn realisiert haben. Man kann auch, so wie die Verdrängung * immer nur eine Nachdrängung * ist, sagen, daß das, was wir als Wiederkehr des Verdrängten sehen, das getilgte Signal von etwas sei, das seinen Wert erst in der Zukunft, durch seine symbolische Realisierung, seine Integration in die Geschichte des Subjekts bekommen wird. Es wird, buchstäblich, nie etwas anderes sein als etwas, das, in einem gegebenen Augenblick der Erfüllung, gewesen sein wird.“ (Lacan 1953-1954, dt. 1978, S. 205; * dt. i. Orig.; Hervorheb. v. mir, Lacan hebt ausschließlich die letzten drei Worte hervor).
[19] Stekel, Ferenczi, Adler, Balint, Salber u.a. (Ahren 1996). An einem neuentwickelten Programm konnte ich selber an der Univ. zu Köln mitarbeiten: Salbers u. W.E. Freuds „Analytische Intensivberatung“ (Ahren/ Wagner [Hgg.] 1984). Anschließend habe ich im Rahmen meiner „Passe“ zum Analytiker in Paris auch die Praxis der lacanianischen Kurzsitzungen kennengelernt sowie zahlreiche meiner Klienten bei der IVT-Hö zu Steve de Shazers und Insoo Kim Bergs einstündigen Beratungen eingeladen.
[20] J.H. Weakland/ R. Fisch/ P. Watzlawick/ A. Bodin: Brief therapy: Focused problem resolution. In: Family Process 13 (1974) 141-168. ND/ Übers. in: Interaktion, Bern 1980, S. 369-401, hier S. 398. - Schon 1972 greifen dieselben Autoren Alan Watts Motto auf: „Das Leben ist ein Spiel, dessen Spielregel Nr. 1 lautet: das ist kein Spiel, das ist todernst.“ In diesem zweiten Aufsatz („On unbecoming family therapists“) warnen sie jeden Berater und Therapeuten davor, von der üblichen Lehrmeinung abzuweichen. Besonders gefährlich sei die „Behauptung der Revisionisten [d.h. Weakland & Co!], daß die Länge einer Therapie wenigstens zum Teil durch die Überzeugung des Therapeuten bedingt ist, daß Therapien eo ipso langfristig sind. Sie berufen sich dabei auf das Werk Robert Rosenthals, der nachwies [Experimenter effects in behavioral research. New York 1966], daß die Leistungen von Laborratten (und von Menschen in rattenähnlichen Situationen) weitgehend von der Einstellung (d.h. den Annahmen und Erwartungen) des Versuchsleiters abhängen.“ (ND/ Übers. in: Interaktion, Bern 1980, S. 403-420, hier S. 407).
[21] A. Himmelreich (1998a bzw. 1998b): „Verkehrs-Therapie - kurz oder lang?“ bzw. „Mehrfachauffällige als ‘Spieler’? Die ‘Charakter-Probleme’ d. Psychoanalytiker u. d. ‘spielerischen Fragen’ der Systemtherapeuten“ (BASt, Driver Improvement 6, 1997). Mit „mehrfachauffälligen Klienten“ (mit „Punkten“) arbeite ich in Duisburg seit 1994 ohne Unterbrechung in zwei wöchentlich fortlaufenden Gruppen, mit „Alkohol-Klienten“ (über die seit 1992 wöchentlichen Gruppenleitungen in Aachen, Duisburg usw. hinaus) jeden Monat seit 1995 in dem sechs Tage dauernden Intensivseminar in Ebrach (bei Bamberg). Die Klienten des Ebracher Intensivseminars sehen einander wie auch den Therapeuten nur in dieser einen Woche. Bei manchen Klienten besteht sogar die gesamte Therapie allein aus dieser einen Woche. Ebrach war darum ein ganz natürlicher Ausgangspunkt für all die Versuche, die meine Kollegen und ich in lösungsorientierter „Intensivberatung“ bzw. „Kurzzeittherapie“ angestellt haben.
[22] Vgl. z. jurist., histor., spieltheor. Urteilsfindung u. z. Unhintergehbarkeit d. Sprache: Gadamers klassisches Werk „Wahrheit und Methode“ [d.h. Wahrheit oder Methode], darüberhinaus Devereux: From anxiety to method in behav. sciences. Hannah Arendt hat der Frage „Wie urteilen? Wer ist es, der urteilt? Von welchem Ort aus?“ ihr ganzes Leben gewidmet. Mit „Eichmann in Jerusalem“ etwa setzte sie sich zwischen alle Stühle, indem sie - obwohl verfolgte und im Widerstand aktive Jüdin - weder einfach den Standpunkt der Juden, noch der Deutschen, noch „unbeteiligter“ Dritter (der Amerikaner, deren Staatsangehörigkeit sie inzwischen besaß) einnahm, weder den Standpunkt der Opfer, noch der Täter, noch der bloßen Zuschauer. Dieser Standpunkt zwischen den vorgegebenen Regeln und Ableitungen erschien ihr als der geeignetste, um zu urteilen.
[23] Ruth Klüger: Kitsch ist immer plausibel, SZ Nr. 225 v. 30.09.98, S. 17; Imre Kertész über die Enteignung der Erinnerung: Wem gehört Auschwitz?, ZEIT Nr. 48 v. 19.11.98, S. 55f; Wolfgang Koeppen hat anscheinend 1948 unter dem Namen Jakob Littner „seine“ Erinnerungen als überlebender Jude veröffentlicht (FAZ Nr. 231 v. 6.10.98, L1).
[24] S. 55 (vgl. vorige Anm.).
[25] Friedrich Schlegel. Athenäum. Bd. I. Berlin 1798. ND: Ders.: Schriften z. Lit. Hg. v. W. Rasch. München 1970/ 1972, S. 33.
[26] Aleida Assmann: Erinnerungsräume. München 1999, S. 17 (vgl. S. 155).
[27] Certeau 1967, in: Certeau (1987): Histoire et psychanalyse entre science et fiction, dt. 1997, S. 10. - „‘Was berechtigt Sie eigentlich zu sprechen? Was ist ihr Spezialgebiet? Wo [in welcher Institution] befinden Sie sich?’ Diese plötzliche Identitätskontrolle traf sein Innerstes. [...] Der Gefangene einer Klassifikation, eines Ortes oder einer Kompetenz zu sein, mit den Abzeichen der Autorität bedeckt, die ihren Getreuen eine disziplinäre Zugehörigkeit verbürgt, in der wissenschaftlichen Hierarchie ‘etabliert’ und kaserniert zu sein: das war für Foucault die Figur des Todes selbst.“ (Certeau 1986, in: Certeau 1987, dt. 1997, S. 44f).
[28] Vgl. den anregenden Essay von Ginzburg (1979): „Spurensicherung. Der Jäger entziffert die Fährte, Sherlock Holmes nimmt die Lupe, Freud liest Morelli - die Wissenschaft auf der Suche nach sich selbst“ (Zitat: dt. 1995, S. 38). Freud weist 1914 in „Der Moses des Michelangelo“ zum ersten Mal auf das Vorbild Morelli hin, der mit seiner Methode - Freud kennt sie schon seit den 1880er Jahren - die Kunstgeschichte revolutionierte: Was jeder bloß für eine Tizian-Kopie eines gewissen Sassoferrato gehalten hatte, entpuppte sich nunmehr plötzlich als Giorgiones berühmte „Schlafende Venus“. Freud folgt der kriminalistischen Methode Morellis, (sozusagen) auf Fingernägel und Ohrläppchen zu achten, also „aus dem Abhub - dem ‘refuse’ - der Beobachtung, Geheimes und Verborgenes zu erraten.“ (Freud 1914, S. 207). 1914 traute Freud sich noch nicht, diesen Aufsatz über Moses unter seinem Namen zu veröffentlichen: Einerseits war ihm der Aufsatz zu spielerisch, andererseits ernster und persönlicher als fast alles, was er je geschrieben hatte. Bekanntlich machte er kurz vor seinem Tode dann sogar den „Mann Moses“ zu dem Helden einer religiösen Kriminalgeschichte (im wörtlichsten Sinne), die er wiederum einerseits spielerisch als „historischen Roman“ bezeichnen wollte. Andererseits postulierte er mit tödlichem Ernst, um der „Wahrhaftigkeit“ willen auch in der Zeit schlimmster Judenverfolgung, jener sei kein Jude gewesen, aber von den Juden ermordet worden u.a.m.
[29] Eine banale, harmlose, natürlich „beschränkte“ Methode aus dem vorigen Jahrhundert? Am 3. Juli 1941 wurde im neutralen Monaco ein Gesetz zur Erfassung der Juden verabschiedet. „Wir mußten alle Einwohner fotografieren. Es mußten Profilaufnahmen sein, die das rechte Ohr zeigten. So sollten die Juden herausgefunden werden, deren Ohrläppchen sich angeblich von anderen unterscheidet“, berichtet der Fotograf Fernand Detaille in der Fernsehdokumentation „Monaco...“ von Abramovici (ARTE 1999).
[30] M. Buber 1943, dt. 1957, S. 9 bzw. 10, als „Der fröhliche Sünder“ auch in M. Buber (1949): Die Erzählungen der Chassidim, S. 477 (Hervorheb. v. mir).
[31] Auch eine spielerische, systemisch-konstruktivistische Offenheit für alle Wege und „Geschichten“ (Hamlets Maxime „There is nothing either good or bad, but thinking makes it so“) findet in der Regel ihre entschiedene Grenze bei Gewalt, sexuellem Mißbrauch, Psychose, Selbstmordversuch und teilweise bei Sucht (Haley, Madanes, Cirillio/ Di Blasio). Gestritten wird darum, ob auf lange Sicht Unparteilichkeit oder Parteilichkeit mehr nützt: So kehren z.B. einige Frauen nach allzu wohlmeinender therapeutischer Betreuung im Frauenhaus zu dem Mann zurück, der sie schlägt, oder unsere Klienten zum Alkohol zurück, wenn sie sich zur Abstinenz letztlich von uns gezwungen fühlen. Der Streit gerade innerhalb von Psychoanalyse und Systemtherapie (Konstruktivismus, Spiel- bzw. Skripttheorie) geht darum, ob man auch hier jenseits eines Täter-Opfer-Schemas bleiben darf (Trepper/ Barrett).
[32] Abgesehen von der unmittelbaren, persönlichen Zusammenarbeit habe ich am meisten gelernt durch das wunderbar leicht geschriebene Grundlagenwerk von I.K. Berg u. S.D. Miller 1992 (dt. 1993): „Kurzzeittherapie bei Alkoholproblemen“. 1997 erschien in dt. Übers. ihr noch praktischeres Buch „Die Wunder-Methode. Ein völlig neuer Ansatz bei Alkoholproblemen“, in dem jeder Schritt ihrer „Rezept-Vorschläge“ einzeln besprochen wird. (Sie sind selbstverständlich gleichermaßen hilfreich für Berater, die mit ihren auf Grund von „Aggressivität“ im Straßenverkehr „geschickten“ Klienten eine Team-Arbeit aufbauen wollen). - Auf nicht ganz ungefährliche, aber unvermeidbare Weise völlig absorbiert werde ich darüberhinaus regelmäßig auf der Autobahn, wenn ich „so ganz nebenbei“ Gunther Schmidt auf seinen zahlreichen, unglaublich lehrreichen Audiokassetten lausche. - Ein Praxis-Handbuch zum lösungsorientierten Vorgehen nach de Shazer bietet das Buch „Gruppenpsychotherapie“ von M.J.W. Angermaier (vgl. auch Eberling/ Hargens 1995). - Wie Diagnostiker, Berater und Therapeuten durch ihre Fragen die „Wirklichkeit“ des Klienten erst erzeugen bzw. festschreiben und warum das „harmloseste“ Interview schon eine unglaubliche Intervention ist, zeigt auf wunderbar klare Weise K. Tomm 1994 (vgl. auch die „Frage-Listen“ von M. White 1988). Eine hervorragende Übersicht über die systemischen (Frage-) Methoden der Heidelberger Schule (G. Schmidt, A. Retzer, F.B. Simon) u.a.m. gibt K. Mücke 1998. Speziell zum „Zirkulären Fragen“ sind das gleichnamige Buch von Simon/ Rech-Simon 1999 sowie Boscolo/ Cecchin u.a. 1987 besonders zu empfehlen. Beide Bücher enthalten eine Fülle von transkribierten u. komm. Kurz-Beratungen. - Wer dagegen einen Überblick über das ganze Feld der systemischen Beratung und Therapie sucht, dem stehen seit kurzem erstmals zwei Handbücher zur Verfügung (A. v. Schlippe/ J. Schweitzer 1996 sowie Brandl-Nebehay u.a. 1998). - Einer der schönsten Kurzfassungen der systemisch-lösungsorientierten „Konsultation“ (Beratung) haben Furman u. Ahola geschrieben: „Die Kunst, Nackten in die Tasche zu greifen“. - Von den Büchern Steve de Shazers habe ich mit dem größten Vergnügen „... Worte waren ursprünglich Zauber“ gelesen. (Der Titel ist übrigens ein Freud-Zitat). Darin analysiert er nicht nur viele ungekürzte Transkripte seiner eigenen Behandlungen, sondern auch die seiner berühmten Vorgänger. Er vergleicht außerdem die Sherlock Holmes-Geschichten mit den Behandlungs-Geschichten von „Erickson-dem-Schlauen“ (eine Figur, die der Hypnotherapeut und Geschichtenerzähler Milton H. Erickson entwickelt habe, besonders wenn ihm ein Kollege in der Art eines „Doktor Watson“ Fragen stellte). Demgegenüber ermögliche ein „De-Shazer-der-Dumme“ Behandlungs-Geschichten, in denen sich die Klienten als sehr „schlau“ erweisen und selber die „ungewöhnlichsten Interventionen“ erfinden!
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