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Multivariate Analyseverfahren

Die Untersuchung des statistischen Zusammenhangs zweier »Variablen« ist häufig nur der Beginn einer sozialwissenschaftlichen Datenanalyse. Multivariate Methoden (engl.: multivariate methods), die die gemeinsame Verteilung von mehr als zwei Variablen betrachten, werden aus unterschiedlichen Gründen eingesetzt. Dabei ist zwischen hypothesengenerierenden (explorativen) und hypothesentestenden (konfirmatorischen) Untersuchungen zu unterscheiden. Im ersten Fall entsteht aufgrund der schieren Menge der erhobenen Informationen der Wunsch, mit Hilfe statistischer Verfahren die wesentlichen Strukturen zu erkennen, die sich hinter den vielen Daten verbergen. Im zweiten Fall steht die Erklärung sozialwissenschaftlich bedeutsamer Sachverhalte im Vordergrund. Hier führen multivariate Methoden aus mindestens zwei Gründen zu realistischeren Untersuchungsergebnissen: Alle diese weiteren Variablen werden häufig zusammenfassend als Drittvariablen bezeichnet. Es geht also darum, den Einfluß der unabhängigen Variablen $ X$ auf die abhängige Variable $ Y$ unter Berücksichtigung der Tatsache zu bestimmen, daß eine dritte Variable $ Z$ ebenfalls auf $ Y$ einwirkt. Oder man fragt sich, ob der bivariat gemessene Einfluß von $ X$ auf $ Y$ auch dann noch bestehen bleibt, wenn man den alternativen Einfluß von $ Z$ berücksichtigt. Dabei lassen sich unterschiedliche »Drittvariableneffekte« unterscheiden.

Methodisch lassen sich die Einflüsse dritter Variablen auf unterschiedliche Art und Weise kontrollieren. Im Rahmen experimenteller Untersuchungen bedient man sich verschiedener Techniken: Elimination, Konstanthaltung, Parallelisierung und Randomisierung.

Beispiele: Mögliche Ablenkungen in einem Experiment zur visuellen Wahrnehmung werden dadurch eliminiert, daß die Versuchspersonen allein in einem fensterlosen Labor vor einem Computer sitzen, auf dessen Bildschirm die wahrzunehmenden Objekte präsentiert werden. Weil man weiß, daß allein die Einbildung, man erhalte eine nützliche medizinische Therapie, bereits zu Therapieerfolgen führen kann, erhalten bei einem Medikamententest sowohl die Experimental- als auch die Kontrollgruppe eine Pille verabreicht - letztere natürlich ein Placebo. Dieser mögliche Störfaktor des Medikamententests ist damit für alle Teilnehmer des Experiments konstant. Wenn man weiß, daß der Therapieerfolg nicht nur von dem Medikament abhängt, sondern auch für Personen unterschiedlichen Geschlechts und Alters unterschiedlich ausfällt, muß man sicherstellen, daß die Experimentalgruppe z.B. nicht einseitig nur aus jüngeren Männern und die Kontrollgruppe nur aus älteren Frauen besteht. Das kann man entweder durch eine gleiche Alters- und Geschlechterzusammensetzung beider Gruppen (Parallelisierung) oder durch eine zufällige Zuweisung der Teilnehmer zur Experimental- und Kontrollgruppe (Randomisierung) in den Griff bekommen. Eine Randomisierung hat den Vorteil, daß sie gleichzeitig alle anderen potentiellen Drittvariablen (außer Geschlecht und Alter) kontrolliert.

Bei nicht-experimentellen Untersuchungen muß man die Drittvariablen statistisch kontrollieren. Dies ist Aufgabe der multivariaten Statistik. Ganz grob gesagt geht es dabei darum, den Einfluß der Drittvariable konstant zu halten.


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HJA 2001-10-01