Wie Studie 2 aufgezeigt hat, ist es durchaus möglich, mit Hilfe eines Transparenzpapiers die Angst vor einer Prüfung deutlich zu senken. Die Effizienz des Transparenzpapier kann bereits im Vorfeld der Prüfung abgeschätzt werden und hängt davon ab, ob die Informationen das Lernen im Hinblick auf die Prüfungslehrziele tatsächlich effektivieren.
Das ist etwa immer dann zu erwarten, wenn
Im Schulalltag wird Transparenz allerdings auch häufig Prüfungsangst nicht senken können. (siehe Studie 3). Es wäre auch zu einfach anzunehmen, Transparenz alleine könne massive Lerndefizite beheben und so verbesserte Leistung bewirken. Es ist aber schwer, langfristig subjektive Kompetenz ohne objektive Fundierung im Sinne einer entsprechenden Rückmeldung durch die Benotung anzuheben.
Deshalb sind vermutlich bei den Hauptfächern, insbesondere bei
den stark fähigkeitsabhängigen Schulfächern bzw. bei Prüfungen
mit komplexen Lehrzielen, deren Beherrschung viele untergeordnete Lehrziele
notwendig voraussetzen, im Durchschnitt keine bedeutsamen Angstsenkungen
durch das Transparenzpapier möglich.
Das Transparenzpapier müßte dem Schüler hier eigentlich
seine Grenzen verdeutlichen (Aha, hier steht's "in der Prüfung
wird die Ableitung irgendeiner sinus-Funktion verlangt. Ich verstehe schon
die Aufgabenstellung nicht. Das werde ich nie begreifen). Daraus jedoch
die Hoffnung abzuleiten, der Schüler senke drastisch sein Anspruchsniveau,
um den Realitäten mutig ins Augen zu sehen, wäre voreilig und
unbegründet. Es ist ungemein schwierig, ein unterdurchschnittliches
Ziel mit Begeisterung als erstrebenswert zu betrachten.
Pädagogisch sinnvoll im Hinblick mehr Leistung, weniger Angst, mehr Lernmotivation und mehr Interesse an der Schule wäre es in jedem Fall, solche Anforderungen zu stellen, die der einzelne Schüler auch ziemlich sicher erfüllen kann, objektive Leistungsfortschritte auch objektiv als Fortschritt in der Notengebung zu verdeutlichen und Prüfungen mehr als Lernhilfen denn als Berechtigungsnachweise oder Disziplinierunginstrumente zu betrachten.
Das Bildungssystem wird nicht nur nach pädagogischen Gesichtspunkten gestaltet, sondern konstituiert sich im Rahmen gesamtgesellschaftlicher Interessen und muß so unweigerlich Kompromisse im Hinblick auf eine optimale Bildung hinnehmen. Vielleicht könnten hier die neuen Medien infolge ihrer praktikablen Möglichkeiten zur Individualisierung und Adaptivität einige Vorteile bringen. Allerdings bin ich im Hinblick auf eine Reduktion der Prüfungsangst recht skeptisch, weil dann möglicherweise eine neue Angst entstehen könnte: "Ich bin den Anforderungen nicht gewachsen, weil ich zu langsam lerne."