Notizen
Bildschirmpräsentation
Gliederung
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Über den Zusammenhang von Rigidität und Impulsivität bei Zwangsstörungen
  • Eine empirische Studie im Rahmen einer Diplomarbeit an der Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn


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Die Nosologie der Zwangstörung ist umstritten:
  • Zunehmende Konzeption der Zwangsstörung als Störung der Impulskontrolle
  • Offene Probleme:
  • è Sind Zwangssymptome selbst impulsives Ausagieren?


  • è Entsteht zwanghaftes Verhalten im Sinne von  Bewältigungsstrategien bei zugrundeliegender hoher Impulsivität?


  • è Sind Berichte von zwanghaften Personen über Ihre Impulsivität eine Fehleinschätzung aufgrund verzerrter Wahrnehmungen und Standards?
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Befundlage zu Impulsivität und Zwangsstörungen I:
  • Eine Gruppe von Zwangspatienten mit besonders schwerer Symptomatik berichtet über Störungen der Impulskontrolle in der Kindheit und Jugend (Hoehn-Saric & Barksdale, 1983)


  • In der Barratt Impulsivity Scale korrelieren aggressive und sexuelle Zwangsgedanken mit hoher Impulsivität, nicht aber Putz- und Waschzwänge (Stein et al., 1994)


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Befundlage zu Impulsivität und Zwangsstörungen II:
  • Langzeitstudie über eine Gruppe hoch Impulsiver: Personen mit zwanghaften Abwehrmechanismen berichten über weniger negative Affekte und Emotionen (Perry, 1996)


  • Biologische Studien sind inkonklusiv: zu hohe und zu niedrige Serotoninaktivität wird berichtet.
  • è Einheitlich Befunde: Serotoninwiederaufnahmehemmer bei Störungen der Impulskontrolle und Zwangsstörungen anderen Medikamenten überlegen (Hollander & Cohen, 1996; Kavoussi & Coccaro, 1996)


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Konzepte der Impulsivität:
  • Persönlichkeitspsychologische Ansätze:
  • Impulsivität im Sinne Gray's als Sensibilität in Bezug auf Belohnungsreize


  • Selbstberichte in Fragebögen


  • Subjektive Maße


  • Kognitionsspsychologische Ansätze:
  • Impulsivität als konzeptuelles Tempo auf einem Kontinuum mit Reflektivität


  • Objektive, behaviorale Maße mit Zeit- und Fehlerscores



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Befunde zu Rigidität und Impulsivität:
  • Befunde:
  • Hoch impulsive Jugendliche sind unfähig bei komplexen Aufgaben einmal verwandte Strategie zu wechseln (White et al., 1994)


  • Hoch impulsive Erwachsene zeigen in Experimenten ebenfalls ein Festhalten an einmal entwickelten motorischen Sets (Barratt, 1972)


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Konzeption von Rigidität:
  • Rigidität wurde konzipiert als Inflexibilität im Sinne strikter Regelverfolgung


  • Gehorsam gegenüber Regeln, erworben aufgrund einer aversiven Lerngeschichte


  • Nicht eine generelle Insensitivität gegenüber Kontingenzen und Konsequenzen
  • Wulfert et al., 1994


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Rigidität als modifizierende Variable zwischen objektiver und subjektiver Impulsivität:
  • Möglichkeiten:
  • Personen mit hoher Rigidität schätzen bei objektiv niedriger Impulsivität sich selbst als hoch impulsiv ein: verzerrte Wahrnehmung.


  • Personen mit objektiv hoher Impulsivität verwenden rigide Kompensationsstrategien und nehmen sich als niedrig impulsiv wahr.



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Fragestellung der Studie:
Modell möglicher Zusammenhänge zwischen objektiver und subjektiver Impulsivität
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Fragestellung der Studie:
  • Kann der geringe Zusammenhang zwischen objektiven und subjektiven Impulsivitätsmaßen auf die moderierende Variable Rigidität der Probanden zurückgeführt werden?


  • Wie gestaltet sich der Zusammenhang zwischen zwanghaftem Verhalten in Abhängigkeit von objektiver und subjektiver Impulsivität?
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Methoden:
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Stichprobe:
  • 80 nicht-klinische Probanden (42 Frauen, 38 Männer)


  • Durchschnittsalter 28,45 Jahre (zwischen 19 und 49 Jahren, Median bei 27,5 Jahren)


  • Heterogene Beschäftigungs- und Bildungsstruktur, Ausschluß von Psychologie-Studierenden


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Ergebnisse:

Geringer korrelativer Zusammenhang:
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Ergebnisse II:
  • Es ergaben sich keinerlei signifikanten korrelativen Zusammenhänge zwischen Rigidität bzw. Zwanghaftigkeit und den verschiedenen objektiven Maßen


  • Das spricht gegen das Vorurteil, dass zwanghafte Personen aspontan und überkontrolliert sind und ebenfalls dagegen, dass sie besonders impulsiv sind.


  • Es bestätigt sich nicht, dass niedrig impulsive rigider sind.


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Ergebnisse III:
Faktorenanalytisch ergaben die verwendeten 3 objektiven Verfahren zwei voneinander unabhängige Faktoren :
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Ergebnisse IV:
  • Bildung von Extremgruppen hoch und niedrig impulsiver Personen anhand ihrer Scores im BIS-10, und anhand ihrer Werte in den beiden Faktoren der objektiven Maßen


  • Keine systematische Varianz der Variablen Rigidität in Abhängigkeit von den Extremgruppen


  • Widerspricht sowohl den Erwartungen als auch Vorurteilen
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Varianzanalytisch signifikanter Interaktionseffekt
(F[1,40] = 4.32, p = 0.04, Eta2 =0.10):
Personen mit einer Diskordanz in Bezug auf objektive und subjektive Impulsivitätswerte, zeigten signifikant mehr Zwangssymptome
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Loglineare Analyse I
Zur Beantwortung der Frage, welche Probanden genau für den signifikanten Interaktionseffekt verantwortlich sind:
    • è Erlaubt auch bei niedrigen Zellgrößen die Bestimmung der abweichenden Zellen (Koeffizientenschätzung über natürliche Logarithmen)
    • Durchgeführt anhand:
    • Extremgruppen im BIS-10 (obere und untere 30 Pbn)
    • Extremgruppen in den Faktoren I bzw. II der behaviouralen Impulsivitätsmaße (obere und untere 30 Pbn)
    • Mediansplit im MOCI (MW = 5.64, SD ± 3.39, Median = 5)
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Loglineare Analyse II
Zur Beantwortung der Frage, welche Probanden genau für den signifikanten Interaktionseffekt verantwortlich sind:
    • Signifikante Interaktionen für den Faktor II:
    • Die Zelle mit niedriger subjektiver und behaviouraler Impulsivität ist unterrepräsentiert
      (z = -2.13, l = -2.89, SE = 1.35)
    • Interaktion zwischen niedriger subjektiver und behaviouraler Impulsivität und niedriger Zwanghaftigkeit zeigt, dass innerhalb dieser Zelle Pbn mit hoher Zwanghaftigkeit unterrepräsentiert sind.
      (z = 2.44, l = 4.27, SE = 1.75)
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Über den Zusammenhang von Rigidität und Impulsivität bei Zwangsstörungen I:
  • Rigidität:
  • Rigidität als modifizierende Variable zwischen diskordanten Impulsivitätswerten konnte nicht bestätigt werden.
  • Entgegen den Erwartungen waren weder Personen, die sich subjektiv niedriger impulsiv einschätzten noch die, die objektiv niedrigere Impulsivität zeigten rigider.


  • Dennoch: Die Existenz von Hochimpulsiven in beiden Verfahren, die von hoher Rigidität berichten, legt nahe, dass diese Personen Rigidität im Sinne einer Bewältigungsstrategie entwickelt haben.
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Über den Zusammenhang von Rigidität und Impulsivität bei Zwangsstörungen II:
  • Zwanghaftigkeit:
  • Gängige Vorurteile von überkontrollierten, aspontanen Zwanghaften werden durch den Mangel korrelativer Beziehungen zwischen Impulsivität und Zwanghaftigkeit widerlegt.
  • Personen, bei denen Selbsteinschätzung und impulsives Verhalten konkordant niedrig ist, zeigten am wenigsten zwanghaftes Verhalten è protektiver Effekt
  • Personen in den diskordanten Zellen mit mindestens einem hohen Impulsivitätswert waren diejenigen, die faktisch die meisten zwanghaften Symptome zeigten.