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Faktorenanalyse

Erheben wir an einer Stichprobe zwei Variablen (1. und 2. Messung, Subtest 1 und Subtest 2) kann man über eine Korrelationsberechnung bestimmen, in welchem Ausmaß die beiden Variablen etwas gemeinsames messen. Will man jedoch gleichzeitig mehrere Variablen (15 Subtests eines Intelligenztests, 30 Items eines Subtests, 150 Items eines Aggressionstests) miteinander vergleichen, um nach gemeinsamen Anteilen zu suchen, so übersteigt dies rasch die menschliche Informationsverarbeitungskapazität. Bei 10 Variablen müssten wir zum Beispiel 45 und bei 20 Variablen bereits 190 Korrelationen analysieren.
Hilfreich wäre also bei einem solchen Problem ein Verfahren, das die vielen Variablen gemäß ihrer korrelativen Beziehungen in wenige, von einander unabhängige Variablengruppen ordnet. Mit Hilfe eines solchen Ordnungsschemas ließe sich relativ leicht entscheiden, welche der vielen Variablen gemeinsame und welche verschiedene Informationen, Eigenschaften oder Merkmale erfassen. Ein Verfahren, dass dies leistet ist die Faktorenanalyse.

Mit Hilfe der Faktorenanalyse können Variablen entsprechend ihrer korrelativen Beziehungen in voneinander unabhängige Gruppen klassifiziert werden.


Die Faktorenanalyse liefert Indexzahlen, sogenannte Ladungen, die darüber Auskunft geben, wie gut eine einzelnen Variable zu einer Variablengruppe passt. Die Variablengruppen werden als Faktoren bezeichnet. Faktoren stellen also so etwas wie ein künstlich, auf statistischem Wege geschaffene "Obervariablen" dar. Passt eine Variable gut zu einer Variablengruppe, so sagt man: Diese Variable lädt hoch auf dem Faktor.
Faktoren sind rein statistische und keine inhaltlichen Größen. Das heißt, sie enthalten nur die Information, dass etwas Gemeinsames da ist und geben keine Auskunft darüber, was das Gemeinsame ist. Ausgehend von faktorenanalytischen Ergebnissen müssen Hypothesen über die vermutete inhaltliche Struktur der Faktoren entwickelt werden. Indem man die auf einem Faktor hoch ladenden Variablen nach ihrem Inhalt analysiert, ergeben sich Vermutungen über das Gemeinsame, das in allen Variablen zu finden ist. Bei einem Intelligenztest können die Autoren so zum Beispiel die Hypothese formulieren, dass alle Items, die hoch auf einem bestimmten Faktor laden, etwas mit rechnerischem Denken zu tun haben und benennen diesen Faktor entsprechend.

Die Faktorenanalyse ist ein datenreduzierendes, heuristisches, hypothesengenerierendes Verfahren. Mit ihrer Hilfe kann man die Dimensionalität komplexer Merkmale überprüfen.


(aus Bortz, J. Statistik für Sozialwissenschaftler. Berlin 1989, 615-621)